Es ist spürbar: Mit dem Politikwechsel in Berlin ist endlich auch die Zeit des agrarpolitischen Mehltaus vorbei, wie es Johannes Steiniger, mein agrarpolitischer Sprecherkollege im Deutschen Bundestag aktuell so treffend ausdrückte.
Durch Steuerentlastung und Entrümpelung von Vorschriften sollen Landwirte endlich wieder auch wirklich Landwirte sein können und sich auf die Ernährungssicherung konzentrieren.
Dass es da nicht lange dauern kann, bis sich die sogenannte „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) wieder zu Wort meldet, war ja klar und absehbar, denn der grünen Lobbyorganisation schwimmen nun die Felle weg. Umso lauter versuchen sie zu trommeln – diesmal mit lauten Vorwürfen gegen den neuen Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer.
Hintergrund ist dessen Vorschlag, die Stoffstrombilanzverordnung noch vor der Sommerpause abzuschaffen. Die DUH spricht dabei gar von einem „rechtswidrigen Schnellschuss“ und warnt vor einer „Entkernung des Düngerechts“.
Als agrar- und umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Saarländischen Landtag widerspreche ich dieser alarmistischen Darstellung entschieden. Ich unterstütze die Stoßrichtung des Ministers ausdrücklich – denn es ist höchste Zeit, dass wir unsere Landwirte von unsinniger Bürokratie entlasten, statt ihnen ständig neue Dokumentationspflichten aufzubürden.
Die Stoffstrombilanzverordnung ist seit 2018 in Kraft. Die Bilanzierungspflicht wurde schrittweise eingeführt, und seit dem 1. Januar 2023 sind die meisten Betriebe betroffen.
In der Praxis hat sie sich längst als teures und aufwendiges Bürokratiemonster erwiesen. Für viele Betriebe ist sie ein echter Hemmschuh, der Ressourcen bindet, ohne nennenswerte zusätzliche ökologische Effekte zu bringen. Und genau deshalb war bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbart worden, sie auf den Prüfstand zu stellen. Dass Minister Rainer diesen Auftrag nun umsetzt, ist konsequent – und richtig - denn die letzte Evaluierung der Stoffstrombilanz im Jahr 2021 auf Bundesebene hat gezeigt, dass das Aufwand-Nutzen-Verhältnis äußerst kritisch zu bewerten ist.
Und was ist seitdem passiert? Seit dem 01. Januar 2023 gibt es nicht einmal mehr eine Bewertung der erfassten Daten! Unsere Landwirtinnen und Landwirte füllen also oft Formulare für die Schublade aus und es stellt sich die Frage: Wie lange sollen sie denn noch Daten dokumentieren statt Felder bearbeiten?
Wer glaubt, dass man den Schutz unseres Grundwassers nur mit immer mehr Papier und Statistik verbessern kann, irrt. Wir brauchen stattdessen gezielte Maßnahmen, die an den tatsächlichen Problemen ansetzen. Das bedeutet auch, dass wir im Zusammenhang mit den sogenannten „roten Gebieten“ endlich das Verursacherprinzip in den Mittelpunkt stellen müssen. Es kann nicht sein, dass Betriebe, die keine Überdüngung betreiben, unter pauschalen Regelungen leiden.
Ich unterstütze die Position vieler meiner Kolleginnen und Kollegen in den Landesparlamenten und im Bundestag: Die Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung ist ein notwendiger erster Schritt. Jetzt muss auch das Düngegesetz folgen.
Was wir brauchen, ist pragmatische, wissenschaftsbasierte und gerechte Agrarpolitik – keine ideologiegetriebene Panikmache wie von der DUH.
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Hintergrund:
📊 Was bedeutet die Stoffstrombilanz konkret für einen durchschnittlichen Betrieb?
💼 Zeitlicher Aufwand
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30–60 Stunden pro Jahr sind laut Schätzungen der Landwirtschaftskammern und Bauernverbände nötig, um die Bilanz korrekt zu erstellen.
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Dieser Aufwand verteilt sich auf:
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Datensammlung (z. B. über Zukauf, Verkauf, Futterverbrauch, Tierbestand, Mist, Gülle etc.)
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Aufbereitung und Auswertung
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Dokumentation und Archivierung
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Bei gemischten Betrieben mit Tierhaltung und Ackerbau kann der Aufwand noch höher liegen.
📋 Bürokratischer Aufwand
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Etwa 20–25 Einzeldatenquellen müssen zusammengeführt werden.
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Viele Betriebe müssen zusätzlich externe Hilfe durch Berater oder Software in Anspruch nehmen, da die Vorschriften sehr komplex und fehleranfällig sind.
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Im Gegensatz zur Düngebedarfsermittlung, die sich auf eine jährliche Planung bezieht, erfasst die Stoffstrombilanz rückwirkend und umfassend alle Nährstoffflüsse im Betrieb.
💰 Finanzieller Aufwand
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Schätzungen gehen von bis zu 1.000–1.500 € pro Jahr und Betrieb aus – teils höher, wenn externe Beratung erforderlich ist.
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Für kleinere Betriebe ist das unverhältnismäßig viel – besonders wenn sie keine Überschreitungen verursachen und dennoch alles erfassen müssen.
📌 Fazit
Die Stoffstrombilanzverordnung bedeutet für viele Betriebe:
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Hoher personeller, zeitlicher und finanzieller Aufwand
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Kaum ökologischer Mehrwert, wenn bereits andere Regelungen wie Düngebedarfsermittlung oder Hoftorbilanz greifen
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Misstrauenskultur statt Vertrauenskultur gegenüber Landwirten
Daher ist die Forderung nach ihrer Abschaffung sachlich gerechtfertigt, wenn gleichzeitig eine gezielte, wirksame und verursachergerechte Kontrolle der tatsächlichen Nährstoffüberschüsse erfolgt.
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