Auf den großen Rummel, den andere um ihn herum planen, hat Allan Karlsson jedenfalls überhaupt gar keine Lust.
Er hat keine Lust auf den Bürgermeister und seine pathetisch-schmuckvollen Reden, er hat keine Lust auf die Presse, er hat keine Lust auf die liebe Verwandschaft.
Und die herzlose Stationsschwester kann ihm ganz offensichtlich schon dreimal gestohlen bleiben.
Wenn er aber eines in seinem langen Leben unter Beweis gestellt hat, dann ist es seine Fähigkeit, sich (fast) immer im richtigen Moment aus dem Staub zu machen.
Allan schlüpft also kurzerhand in seine Pantoffeln und klettert zum Fenster seines Zimmers im Altenheim hinaus.
Quer durch's Blumenbeet schlurft er zum Busbahnhof und trifft dort auf einen weder wohlerzogen noch gepflegt wirkenden jungen Mann, welcher ihn nötigt, auf seinen Koffer aufzupassen, weil er dringend zur Toilette müsse.
Das Schicksal jedoch will es, dass justement in dem Augenblick der Bus vorfährt, mit dem der Alte seinen Weg gerne fortsetzen würde. Der junge Mann, "Bolzen" genannt und einer kleinen Gangstertruppe angehörend, kommt und kommt nicht vom Klo zurück Und weil der Bus ja schließlich nicht wartet, unser hundertjähriger Ausreißer aber auch diesen Koffer nicht unbeaufsichtigt lassen soll, nimmt er ihn der Einfachheit halber mit - nicht ahnend, dass besagtes Gepäckstück bis oben hin mit Geld vollgestopft ist.
Damit beginnt eine irrwitzige Reise, die den Protagonisten unseres Buches quer durch Schweden führt - gefolgt von einem gekaperten Bus, von Polizisten und natürlich auch von einer Gangsterbande, die gerne ihr "Erspartes" zurück hätte...
Wer den schwarzen skandinavischen Humor liebt, den man bereits in ähnlicher Form vom Finnen Arto Paasilinna kennt, ist mit dem Beststeller des schwedischen Schriftstellers Jonas Jonasson bestens bedient.
Auf fesselnde und doch humorig-liebevolle Weise beschreibt der Autor eine Vielzahl skuriler Charaktere, auf die Allan Karlsson im Verlauf seiner Reise trifft. Gleichzeitig gelingen Jonasson - fast schon als Parallelgeschichte - immer wieder Rückblenden, die viele der Handlungsweisen des greisen Ausreißers und seinen Pragmatismus erklären und zeigen, dass der Alte nicht nur bereits einige Abenteuer auf dem Kerbholz hat, sondern durch Begegnungen mit politischen Größen der vergangenen hundert Jahre sogar das Weltgeschehen ein klein wenig mitgestaltet hat.
"Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand" ist für mich eines der ganz großen Highlights der letzten Jahre.
Deshalb freue ich mich schon jetzt auf Jonas Jonassons neuestes Buch "Die Analphabetin, die rechnen konnte".
Lieber Alwin,
AntwortenLöschensehr gute Zusammenfassung. Und mit deiner Beurteilung stimme ich 100% überein. Ich habe es zwar nicht gelesen, sondern mir auf einer langen Fahrt nach England vorlesen lassen, aber es war ein spannender Genus.