Donnerstag, 29. August 2019

Kindgerechte Justiz: Analyse des Instituts für Menschenrechte untermauert Notwendigkeit zum Kurswechsel auch im Saarland

Wenn der Papa von der Polizei abgeholt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, kann das vor allem für die Kinder ein prägendes Lebensereignis sein, nicht selten verbunden mit nachhaltig negativen Folgen für die kleinen Seelen und für das weitere Leben der Kinder. 
Staatssekretär Roland Theis räumt dem Thema "Kindgerechte Justiz" deshalb hohe Priorität ein, die sich nicht nur beim Umbau der Besuchsabteilung in der JVA Saarbrücken widerspiegeln soll. Auf der Basis von Ergebnissen einer aktuellen Analyse fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte nun bundesweit mehr Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten für Kinder inhaftierter Eltern und untermauert damit die Position von Justizstaatssekretär Roland Theis und der CDU-Landtagsfraktion.

Die UN-Kinderrechtskonvention sichert in Artikel 9 jedem Kind das Recht auf unmittelbaren Kontakt mit seinen Eltern zu, sofern das dem Kindeswohl nicht widerspricht. Gleichzeitig bildet die Aufrechterhaltung enger familiärer Beziehungen und Strukturen in vielen Fällen eine wichtige Basis für eine erfolgreiche Resozialisierung und ein Leben ohne weitere Straftaten nach der Haft.

Tatsächlich sei der Kontakt mit einem inhaftierten Elternteil nur sehr begrenzt und keineswegs für jedes Kind in Deutschland an jedem Ort so möglich; dass die Eltern-Kind-Beziehung gut aufrechterhalten könne, heißt es nun in einer Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte anlässlich der Veröffentlichung der Analyse "Kontakt von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern - Einblicke in den deutschen Justizvollzug".

In einer nichtrepräsentativen Online-Umfrage hat das Institut bundesweit Justizvollzugsanstalten (JVAs) zur praktischen Umsetzung der Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten befragt. Die Ergebnisse der Befragung, an der 83 von insgesamt 173 JVAs teilgenommen haben, sind in der nun vorgestellten Analyse zusammengefasst. Wie häufig, wie lange und in welchem Rahmen Kinder ihre inhaftierten Eltern besuchen oder kontaktieren können, unterscheidet sich deutschlandweit stark. Manche JVAs halten kindgerechte Räumlichkeiten vor, in anderen JVAs treffen Kinder ihre Eltern in Besuchsräumen, wo Körperkontakt nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Familienfreundliche Maßnahmen und Angebote, die sich an Kinder Inhaftierter richten, sind bislang nur in einzelnen JVAs vorhanden. Die Angebote scheinen außerdem abhängig zu sein vom teils ehrenamtlichen Engagement freier Träger. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbesuchszeiten sind je nach Bundesland verschieden: von monatlich einer Stunde zum Beispiel in Hessen und im Saarland bis hin zu vier Stunden zum Beispiel in Brandenburg und Niedersachsen.

"Besuchszeiten sind ein Recht des inhaftierten Elternteils. Nicht hinreichend verstanden wird aber, dass es auch um ein Recht des Kindes geht", erklärt Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts Kittel. "Die UN-Kinderrechtskonvention gibt vor, dass bei der Ausgestaltung von Besuchen bei inhaftierten Eltern auch die Perspektive der Kinder berücksichtigt werden muss, insbesondere ihr Recht, ihre Beziehung mit dem inhaftierten Elternteil aufrechtzuerhalten."

Das sieht auch der Staatssekretär im saarländischen Ministerium der Justiz, Roland Theis, so und handelt entsprechend: "Um die negativen Einflüsse der Inhaftierung für die Familien und die Kinder Inhaftierter abzumildern, möchten wir durch verstärkte Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten Beziehungsabbrüche möglichst vermeiden. Daneben soll ein Informationspaket für den saarländischen Justizvollzug zusammengestellt werden, das spezielle Informationsmaterialien und -angebote beinhaltet. Daneben bedarf es einer Sensibilisierung aller mit den betroffenen Kindern und Familienangehörigen befassten Fachkräfte," so Theis.
In der JVA Saarbrücken steht ein Umbau der Besuchsabteilung an, bei dem die Grundsätze für eine kindgerechte Justiz in besonderer Weise berücksichtigt sollen. Die Schaffung von besonderen, mit Dusche und Waschgelegenheit ausgestatteten Räume für Langzeitbesuche (umgangssprachlich oft als Liebes- oder Sexzellen bezeichnet) rückt hingegen in den Hintergrund.
Auf Antrag des Saarlandes und des Landes Mecklenburg-Vorpommern hatten sich die Justizministerinnen und Justizminister im Rahmen der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 6. und 7. Juni 2018 in Eisenach mit der Situation der Kinder inhaftierter Eltern in Bezug auf die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und mit entsprechenden für den Justizvollzug relevanten Empfehlungen befasst. Jetzt werden bundesweit best practices beschrieben und Vorschläge zur Umsetzung der Empfehlungen erarbeitet. 


Die Analyse "Kontakt von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern steht hier zum Download bereit.