Viele unsere Bauern verzweifeln: Ein Übermaß an bürokratischen Regelungen zermürbt die Landwirtschaft. Folgt man den im Februar 2023 veröffentlichten Ergebnissen einer Umfrage unter mehr als 700 Landwirten, so leiden sie vor allem unter fachlich unsinnigen Regeln, umfangreichen Dokumentationspflichten und der ständigen Angst, etwas falsch zu machen.
Als CDU/CSU-Agrarsprecher aus Bund und Ländern haben wir dies bei unserer Herbsttagung in München zum Anlass genommen, Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft am Standort Deutschland einzufordern. Der extreme Investitionsstau in der Landwirtschaft muss gelöst werden, wenn junge Menschen wieder Lust auf den Beruf des Landwirts bekommen sollen.
„Die Landwirtschaft ist das Fundament einer funktionierenden Wirtschaft im ländlichen Raum.“ Mit diesem klaren Bekenntnis zur zentralen Bedeutung der Landwirtschaft sowie der ihr vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige für die ländlichen Räume eröffnete Dr. Marco Mohrmann, agrarpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Niedersachsen und Vorsitzender der Agrarsprecherrunde, unsere Diskussion.
Albert Stegemann, unser engagierter Kollege aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ergänzte: „Wir brauchen ein klares Signal für Investitionen, Innovationen und die Entfesselung der Landwirtschaft.“
Er bezeichnete den Bürokratieabbau als zentralen Stellhebel, um Landwirten den Glauben an eine erfolgreiche Zukunft zurückzugeben. „Dazu brauchen wir ein ganz anderes Mindset als bisher“, so Stegemann. „Der Kontroll- und Dokumentationswahn ist Ausdruck eines tief verwurzelten Misstrauens gegenüber der Landwirtschaft. Würde die Agrarverwaltung den Landwirten wieder mehr vertrauen, würde vieles einfacher und so manche Kontrolle überflüssig“, so Stegemann weiter.
Unterstützung erhielt Stegemann von Walter Nussel, dem Beauftragten für Entbürokratisierung der Bayerischen Staatsregierung. Nussel hat erfolgreich einen Praxis-Check gegen Bürokratie etabliert: Vor Ort, auf den Betrieben werden im Beisein aller zuständigen Behörden staatliche Regelungen in einem realitätsnahen Test auf ihre Praktikabilität überprüft – und geändert, wenn sie diesen Test nicht bestehen.
Die Voraussetzung dafür: Entbürokratisierung wird nicht länger als Thema für Sonntagsreden betrachtet, sondern zur Chefsache gemacht!
Walter Nussel und sein Team sind daher der Bayerischen Staatskanzlei zugeordnet, damit kein Zweifel am hohen strategischen und politischen Stellenwert des Bürokratieabbaus aufkommt.
Dass der Kampf gegen die Bürokratie neben einem kulturellen Wandel auch viel Arbeit im Detail erfordert, verdeutlichte die Darstellung des 8+1-Punkte-Programms zur Entlastung der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Als Ergebnis akribischer Kleinarbeit werden in Schleswig-Holstein u.a. Meldefristen angepasst, Vorschriften zur Pflege von Wallhecken (Knicks) vereinfacht sowie das Dünge- und Pflanzenschutzrecht anwenderfreundlicher ausgestaltet. „Dies“, so Rixa Kleinschmit, Agrarsprecherin in Kiel, „ist erst der Anfang einer Zeitenwende, die zur wirtschaftlich dringend notwendigen Entfesselung der unternehmerischen Kräfte beitragen soll.“
Dass Schleswig-Holstein damit nicht alleine steht, verdeutlichte Dr. Marco Mohrmann mit dem Verweis auf einen Entschließungsantrag zur Entbürokratisierung, der kürzlich durch die CDU-Fraktion in die parlamentarischen Beratungen im Niedersächsischen Landtag eingebracht wurde.
Die mit Unterstützung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) entwickelte GülleAppBayern wurde zur Veranschaulichung der Potenziale digitaler Technologien beim Bürokratieabbau vorgestellt. Die App stützt sich nach Aussage von Petra Högl, Agrarsprecherin in München, auf umfangreiche Versuche der LfL. Sie gibt den Landwirtinnen und Landwirten mit einem Klick wertvolle Hinweise u.a. auf die zulässigen Ausbringungszeitpunkte und -techniken.
Die Fülle der zu beachtenden Vorschriften wird so praxisnah gebündelt und auch kleinen Betrieben mit begrenzter Arbeits- und Managementkapazität niedrigschwellig zugänglich gemacht.
Das gegenwärtige Übermaß an Bürokratie ist nicht von heute auf morgen entstanden und wird auch nicht von heute auf morgen verschwinden.
Das entmutigt uns CDU/CSU-Agrarsprecher jedoch keineswegs. Gemeinsam wollen wir den Kampf gegen den Bürokratiedschungel fortsetzen und ihn in den kommenden Jahren zum Kern unserer politischen Arbeit machen. Dazu gehört ein ganz klares Bekenntnis zur landwirtschaftlichen Produktion. Sie muss wieder im Mittelpunkt der Landwirtschaftspolitik in Deutschland und auch im Saarland stehen.
Wenn selbst die saarländische Landesregierung völlig damit überfordert ist, Fristen zur Auszahlung von Agrarprämien einzuhalten, zeigt das ganz klar: Es ist zu viel!
Es ist zu viel Bürokratie. Es muss zu viel beantragt und trotz teils widersinniger Vorschriften penibel eingehalten werden. Und es muss zu viel kontrolliert und sanktioniert werden, was von vorneherein schon kaum eingehalten werden kann.
Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die einfachere Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel. Ein Besuch beim Hopfenforschungszentrum Hüll der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft verdeutlichte, dass der Schutz der Kulturpflanzen vor Schädlingen und Krankheiten kaum noch gewährleistet werden kann.
Das Beenden der Verhinderungspolitik des Umweltbundesamtes (UBA) bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln betrachten wir als Agrarsprecherinnen und -sprecher daher als vordringlich.
Im praktischen Teil der Zusammenkunft haben wir den Betrieb von Franz Högl in Dietrichsdorf besucht. Neben dem Ackerbau wird mit einer Biogasanlage Strom aus allen möglichen verwertbaren Reststoffen gewonnen und dieser flexibel ins Netz eingespeist und darüber hinaus auch Kompost produziert. Weiter ging es in die Hallertau, dem weltweit größten Anbaugebiet für Hopfen. Die Hopfenverwertungsgenossenschaft St. Johann in Train bereitet rund 25% der Welthopfenmenge (!!!) für die Biererzeugung auf. Und mit dem Thema haben wir uns auch beim Besuch des Hopfenforschungszentrums der LfL (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft) befasst, wo intensiv geforscht wird. Auch hier der dringende Appell, sich dafür einzusetzen, dass Landwirten nicht der Werkzeugkasten genommen wird, ihre Arbeit zu tun. Vielen Dank an die Kollegin Petra Högl von der CSU und ihrem Team für die tolle Organisation dieser Fachtagung.
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