Samstag, 8. Februar 2020

Drohbriefe in Illingen sind kein Kavaliersdelikt. Der Staat muss durchgreifen und zeigen: Im Saarland ist kein Platz für Hass, Hetze und Gewalt!

Illingen. Es ist schon wieder passiert: Ein engagierter Politiker erhält Morddrohungen. Nicht irgendwo in einem totalitären Staat, nicht in einer Hochburg der organisierten Kriminalität, sondern gleich nebenan in meiner Nachbargemeinde. In Illingen. Mitten im Saarland, mitten in Deutschland. Mitten in unserer Demokratie, die wir für selbstverständlich hielten und gefestigt glaubten. 


Längst aber schlägt das Pendel des Extremismus wieder mit einer Macht aus, die viele von uns nur noch aus Erzählungen von Eltern und Großeltern kennen oder aus den Dokumentationen,  die beispielsweise auf ZDFinfo gesendet werden.
Längst schon ist auch Francis Fukuyama, der einst an das Ende der Geschichte glaubte und davon schrieb, die liberale Demokratie habe sich endgültig durchgesetzt, eines Besseren belehrt.
Immer weiter nach rechts und immer weiter auch nach links ausholend, wird besagtes Pendel angetrieben von einer Gesellschaft, die keinen Moment der Ruhe mehr findet.
Einer Gesellschaft, die stets bereit ist, sich über alles und jeden zu empören und sich von interessierter Seite vor die Karren spannen zu lassen. Sei der eigentliche Anlass auch noch so marginal.
Es ist dramatisch, dass zugelassen wurde, dass viele nie gelernt haben, sich kritisch mit den einfachen Botschaften auseinanderzusetzen, mit aus dem Kontext gerissenen Bildern, mit den Massen an Fake-News und "alternativen Wahrheiten", die weltweit und lawinengleich den Wald der Realitäten, die Bäume der Freiheit, niederwalzen.

Die Zahl radikalisierter, die Zahl geschichtsvergessener und längst nicht mehr auch nur halbwegs sozialisierter Zeitgenossen, scheint einen neuen Höhepunkt erreicht zu haben.

Und mitten drin steht dann ein Armin König. Der Bürgermeister von Illingen ist ein streitbarer Geist, einer, der das Wort geschickt zu nutzen weiß und der das sprachliche Florett ebenso elegant zu führen versteht, wie den Keil, der auf einen groben Klotz gehört.
Armin macht - auch in Sozialen Netzwerken -  kein Hehl aus seiner Abscheu gegenüber den Radikalen und Extremen, gegenüber denen die hetzen und gegenüber denen, die den Hetzern dümmlichst auf den Leim gehen. Im Wissen, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auch Menschen braucht, die für sie einstehen, widerspricht er denen, die allem widersprechen und doch selbst keinen Widerspruch dulden wollen.
Und deshalb wird er nun bedroht. Und er ist leider längst kein Einzelfall mehr.

Möglicherweise gab es eine Zeit, da konnte man sich zurücklehnen. Man konnte daran glauben, dass sich nur irgendein Blödmann aufspielen wollte. Man konnte über anonyme Briefe, in denen sich die Schreiber zu literarischen Ergüssen wie "Friedhof mach die Tore auf, Theobald kommt im Dauerlauf" hinreißen ließen, noch entspannt und müde lächeln und wieder zur Tagesordnung übergehen.
Auch jetzt empfehlen manche dem Betroffenen, er solle "über den Dingen stehen".
Doch das kann man nicht mehr. Und man darf es auch nicht mehr!


Wir können, wir dürfen nicht mehr ausschließen, dass aus manchem Idioten längst ein gefährlicher, ein gemeingefährlicher Idiot geworden ist. 
Gewalt als politisches Mittel ist doch längst wieder an der Tagesordnung:
Politikerinnen und Politiker werden aufs Schlimmste, auf obszönste Art und Weise beleidigt, die Täter bleiben straffrei. 

Büros von Politikern werden beschossen,  die Scheiben an Wahlkreisbüros eingeschlagen oder beschmiert. 
Autos werden angezündet. 
Polizeibeamtinnen und -beamte werden mit Feuerwerk beschossen, mit Steinen und Molotowcocktail beworfen, beschimpft, beleidigt und angespuckt. 
Besitzer von Dönerläden werden ermordet, Synagogen angegriffen. Ein Landrat wird erschossen.
Hass und Gewalt sind alltäglich geworden.
Und statt zusammen zu stehen und sich der Gewalt, dem Hass und dem Extremismus von Rechten und Linken gemeinsam mit der gesamtem Macht und allen Mitteln des Rechtsstaates in den Weg zu stellen, begnügen sich ausgerechnet auch noch Politiker der sogenannten Parteien der Mitte, sich gegenseitig vorzuwerfen, man sei - wahlweise - auf dem rechten oder auf dem linken Auge blind.

Ich fordere: Schluss damit!

Legislative, Judikative und Exekutive sind gefordert. 
Unserer Rechtsstaat muss zeigen, dass er wehrhaft ist.
Jegliche politisch motivierte Gewalt muss zu einhundert Prozent geächtet sein. 
Jede Tat, jede Bedrohung dieser Art, muss aufgeklärt werden. Sie muss verfolgt und mit voller Härte des Gesetzes geahndet werden! Auch und gerade im aktuellen Fall.
Wehret den Anfängen, denn in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts glaubten viele auch so lange, das beträfe ja nur "die anderen", bis sie selbst betroffen waren.