Dienstag, 2. Dezember 2025

Neue rechtliche Klarheit im Krankenhauswesen – und eine Chance für mehr Fairness? Was bedeutet die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für unsere Krankenhauslandschaft?

Die Krankenhauslandschaft in Deutschland befindet sich in einer der größten Umbruchphasen seit Jahrzehnten. Steigende Kosten, Fachkräftemangel, hohe Anforderungen an Qualität und Digitalisierung sowie notwendige Investitionen in Gebäude und Ausstattung setzen alle Häuser unter Druck – kommunale ebenso wie frei-gemeinnützige und private. Vor diesem Hintergrund sorgt eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Fachkreisen für viel Aufmerksamkeit, auch bei uns im Saarland.

Worum geht es?
Das Gericht hat am 12. November 2025 entschieden, dass Streitigkeiten über kommunale Zuschüsse an einzelne Krankenhäuser künftig vor Verwaltungsgerichten ausgetragen werden müssen. Auch wenn es dabei ausdrücklich keine inhaltliche Bewertung solcher Zuschüsse vorgenommen hat, erkennt das Gericht damit an, dass einseitige finanzielle Hilfen eine grundrechtliche Dimension haben können. Damit ist der Weg für eine genauere rechtliche Prüfung solchen Handelns grundsätzlich geöffnet.

Diese Entscheidung wird beispielsweise vom Deutschen Evangelischen Krankenhausverband als Impuls für „mehr Wettbewerbs- und Chancengerechtigkeit“ begrüßt. Denn frei-gemeinnützige Kliniken sehen sich häufig dann im Nachteil, wenn kommunale Häuser Defizite ausgeglichen bekommen, während andere Träger mit ähnlich wichtigen Leistungen leer ausgehen.

Doch worum geht es tatsächlich – und was bedeutet das für die Versorgung hier bei uns im Saarland?


1. Keine Anklage gegen kommunale Kliniken – sondern eine Stärkung der Transparenz

Wichtig ist zunächst:
Die Entscheidung richtet sich nicht gegen kommunale oder landeseigene Krankenhäuser.

Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesundheitsversorgung. Kommunale Kliniken tragen oft die Hauptlast in Notfällen, dienen als Ausbildungspartner oder tragen besondere medizinische Pflichtleistungen. Dass die öffentliche Hand Verantwortung übernimmt, ist nicht nur legitim, sondern notwendig.
Das Bundesverwaltungsgericht sagt aber: Wenn eine Kommune oder ein Land finanzielle Hilfen vergibt, müssen diese rechtlich überprüfbar und nachvollziehbar begründet sein. Und sie dürfen nicht automatisch nur einem Träger zugutekommen, wenn andere Häuser mit ähnlicher Bedeutung ebenfalls Unterstützung benötigen.

Es geht also nicht um „Kommunal gegen frei-gemeinnützig“, sondern um faire, transparente Entscheidungen.


2. Eine Chance für mehr Stabilität im gesamten Versorgungssystem

Aus der Entscheidung ergibt sich vor allem eines: Eine Chance, die Krankenhausversorgung dauerhaft zu stabilisieren.
Denn jetzt entsteht deutlich mehr Klarheit darüber,

  • welche Kriterien öffentliche Stellen anwenden sollten,

  • wie Hilfen begründet werden müssen,

  • und wie die verschiedenen Träger – kommunale, landeseigene und frei-gemeinnützige – künftig gleichberechtigter in Strukturentscheidungen eingebunden werden können.

Für ein kleines Bundesland wie das Saarland, in dem alle Häuser eng miteinander verflochten sind und regionale Versorgung nur gemeinsam gelingt, kann das ein echter Vorteil sein.

Wenn Zuschüsse und Strukturentscheidungen klar, nachvollziehbar und trägerneutral begründet werden, stärkt das die Akzeptanz bei allen Beteiligten und verhindert unnötige Konflikte. Gerade angesichts der großen Herausforderungen, vor denen unser Gesundheitssystem steht, brauchen wir ein Klima der Zusammenarbeit statt Konkurrenzkämpfe.


3. Warum trotzdem Handlungsbedarf besteht

Die Entscheidung des Gerichts zeigt zugleich deutlich: Wir stehen vor grundsätzlichen Fragen, die die Politik beantworten muss.

a) Strukturelle Nachteile frei-gemeinnütziger Häuser

Die Analyse des ehemaligen Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Rainer Schlegel, hat gezeigt:
Im derzeitigen Krankenhausrecht gibt es keine echte Absicherung des Subsidiaritätsprinzips. Das bedeutet:
Frei-gemeinnützige Kliniken, die häufig in christlicher Trägerschaft arbeiten und einen wichtigen Beitrag zur Grund- und Regelversorgung leisten, haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Ausgleichshilfen, selbst wenn sie denselben Versorgungsauftrag wie kommunale Häuser erfüllen.

Dabei sind gerade diese Kliniken vielerorts unverzichtbar – auch im Saarland.

b) Unterschiedliche Ausgangslagen der Träger

Während kommunale Häuser in finanziellen Notsituationen teilweise von ihren Trägern gestützt werden können, fehlt diese Möglichkeit frei-gemeinnützigen Einrichtungen in der Regel.
Das führt nicht zu einem fairen Wettbewerb, sondern zu einer strukturellen Schieflage, die auf Dauer auch für die Patientinnen und Patienten Folgen haben kann.

c) Hoher Reformdruck im Saarland

Wir stehen vor großen Investitionsaufgaben, unter anderem beim UKS und weiteren Standorten. Zugleich kämpfen viele Häuser mit Personal- und Finanzproblemen.
Eine tragfähige Krankenhausplanung muss deshalb sicherstellen, dass alle Träger – egal ob öffentlich oder frei-gemeinnützig – nach denselben Maßstäben bewertet werden.


4. Was jetzt notwendig ist: Ein fairer Rahmen für alle

Aus dem Beschluss lässt sich klar erkennen, was für das Saarland jetzt wichtig wird:

✔ Transparente Kriterien für öffentliche Hilfen

Wenn öffentliche Gelder fließen, müssen die Gründe dafür offen, verständlich und nachvollziehbar sein.

✔ Trägerneutrale Unterstützung bei Versorgungsrelevanz

Entscheidend darf nicht die Trägerschaft sein, sondern der Beitrag eines Hauses zur Versorgung.

✔ Ein gemeinsamer Dialog über die Krankenhauszukunft

Kommunale, frei-gemeinnützige und private Kliniken müssen gemeinsam an Strukturen arbeiten – und die Politik muss diesen Prozess stärken.

✔ Mehr Rechtssicherheit

Für alle Beteiligten ist es wichtig, dass Entscheidungen auf einer stabilen gesetzlichen Grundlage stehen. Das stärkt die Planungssicherheit und verhindert, dass am Ende Gerichte entscheiden müssen, was politisch lösbar wäre.


5. Was bedeutet das für die Menschen im Saarland?

Für die Bürgerinnen und Bürger ist die zentrale Botschaft positiv:

Die Versorgung kann stabiler und gerechter gestaltet werden, wenn künftig klarere Regeln gelten.

Denn:
Wenn alle Krankenhäuser – unabhängig von ihrer Trägerschaft – verlässliche Rahmenbedingungen haben, können sie sich besser auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren: auf die medizinische Versorgung der Menschen.

Und genau das sollte im Mittelpunkt stehen.


Fazit: Eine Einladung, die Krankenhauslandschaft gemeinsam weiterzuentwickeln

Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist kein Urteil über „richtig“ oder „falsch“, und er stellt keine Klinikgruppe an den Pranger.
Er ist vielmehr ein Signal für neue Chancen:

  • mehr Transparenz,

  • mehr Chancengerechtigkeit,

  • mehr Stabilität in der Gesundheitsversorgung.

Für uns im Saarland ist das eine Gelegenheit, die Krankenhauspolitik so aufzustellen, dass alle Träger ihren Beitrag leisten können – und die Menschen weiterhin auf eine verlässliche, wohnortnahe medizinische Versorgung bauen dürfen.
Die vergangenen Monate – etwa die Diskussionen um die Kinderklinik und die Geburtshilfe am Kohlhof – haben gezeigt, wie wichtig verlässliche und frühzeitige Kommunikation der Landespolitik ist. Gerade deshalb kommt dem Gesundheitsminister Dr. Magnus Jung eine besondere Verantwortung zu, die jetzigen Entwicklungen transparent und nachvollziehbar zu begleiten.
Nur eine offene Kommunikation bietet die Grundlage dafür, dass alle Beteiligten - und da meine ich wirklich alle Beteiligten! - gemeinsam an stabilen Lösungen arbeiten können.

Wenn wir diesen Impuls nutzen, können wir unser Krankenhauswesen stärken, statt Träger gegeneinander auszuspielen. Genau das ist der Weg, den wir gehen sollten.

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