Ein neues Jahr hat begonnen.
2011.
Der Jahresanfang ist gemacht.
"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne."
Sagt Hermann Hesse.
Als engagierter "Kommunalpolitiker" wünsche ich mir manchmal, ich könnte zaubern.
Wenigstens ein bisschen.
Das wäre in Zeiten enger finanzieller Spielräume in unseren Gemeinden bestimmt hilfreich.
Weil aber echte Magie einem Knaben höchstens mal in alten Sagen oder aktuellen Jugendbüchern mit in die Wiege gelegt wird, sollte man sich bei politischem Engagement besser auf Kreativität, Gestaltungskraft und vor allem auch den eigenen Gestaltungswillen konzentrieren.
Und öfter mal über den Tellerrand ihres eigenen Gemeinwesens hinausblicken.
Einfach mal schauen, wie's anderswo gehändelt wird.
Das Abgucken und Mitnehmen von Ideen ist in der Politik nämlich keineswegs verboten, sondern kann - idealerweise - in vielen Fällen sogar dazu führen, dass nicht nur an einem Strang, sondern sogar in die gleiche Richtung gezogen wird.
Doch zurück zum Anfang. Zum Jahresbeginn.
Und zu den - in vielen Städten und Gemeinden traditionellen - Neujahrsempfängen.
Hier präsentieren die politischen Spitzen der jeweiligen Kommunen einen Rückblick auf Geleistetes und sagen - was noch viel wichtiger ist - meistens etwas darüber, wie's weitergehen soll.
Mit welchen Ideen und mit welchen zukunftsweisenden Projekten.
Ein guter Neujahrsempfangsgastgeber (tolles Wort ;-) wird dabei versuchen, seine Gäste aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu motivieren und zu einem gemeinsamen Engagement zu bewegen. Zum Wohle der Gemeinde.
Ich habe mir am Wochenende etwas Zeit genommen und mir angeschaut, wie Neujahrsempfänge in unserer Landeshauptstadt Saarbrücken und in unserer Illtal-Nachbargemeinde Illingen aussehen.
Vor allem, um Anregungen für mich und meine politische Arbeit mitzunehmen.
Was ich bei den beiden Empfängen gesehen, erlebt und vor allem gehört habe, war für mich außerordentlich überraschend.
Aber lesen Sie selbst.
Der Neujahrsempfang in unserer Landeshauptstadt Saarbrücken...
...war unglaublich enttäuschend.
Ob sie alle das nächste Jahr auch wieder kommen werden, lasse ich mal dahingestellt.
Wenn auch die warmen Wiener offenbar sehr schmackhaft waren, die Getränke kostenlos gereicht wurden, eine Dreier-Combo die Veranstaltung wohlklingend und dezent musikalisch untermalte und man im Anschluss interessante Gespräche mit vielen illustren Gästen führen konnte - die Reden des Abends machten die Veranstaltung insgesamt für mich zu einer handfesten Enttäuschung.
Während der Rede der Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz fragte ich mich ernsthaft, ob ich mich nicht einmal bei ihr bewerben sollte.
Denn eines scheint sie auf jeden Fall ganz dringend zu benötigen: einen guten Redenschreiber.
Vielleicht aber - und das ist meine große Befürchtung - fehlen ihr tatsächlich die Ideen, der Gestaltungswillen und die Gestaltungkraft.
Was schade wäre für Saarbrücken.
Die gesamte Rede, die zu keinem Zeitpunkt mehr als Höflichkeitsapplaus erhielt, war weder im Rück- noch im Ausblick von besonderen Höhepunkten gekrönt und lässt sich im Ergebnis auf zwei Aussagen reduzieren:
1. Wir können nicht viel gestalten, denn wir haben kein Geld.
2. Und weil das so ist, müssen andere uns Geld geben.
Zu keinem Zeitpunkt schaffte Britz es, ihre Gäste mitzunehmen auf einen gedanklichen Ausflug in ein Saarbrücken der Zukunft. Sie schaffte es nicht einmal, halbwegs ordentlich für ihr Großprojekt "Stadtmitte am Fluss" zu werben. Ein Projekt, das durchaus umstritten ist. Die Chance, ihre Zuhörerschaft aus Wirtschaft und Handel zu motivieren, mit ihr gemeinsam den Weg in eine attraktivere Stadt Saarbrücken zu beschreiten, ließ sie gänzlich ungenutzt.
Auch das: Schade für Saarbrücken.
Und ganz ehrlich: Hätte ich nicht im Anschluss an die offiziellen Reden noch viele interessante Gespräche führen können, wäre es ein verlorener Abend gewesen.
Der neue Heusweilerer Bürgermeister Thomas Redelberger, der Sprecher des Saarbrücker Integrationsbeirates Mohamed Maiga, die Marketing-Expertin Claudia Dorn, der Bauunternehmer Enzo Maio und seine Gattin sowie dibk-Präsident und EOS-Herausgeber Giacomo Santalucia und seine Gattin Franca Santalucia waren jedoch ebenso wie Vendis-Geschäftsführer Frank Oran und der Saarbrücker CDU-Fraktionschef Peter Strobel Gesprächspartner, mit denen eine längere Unterhaltung lohnte.
Wie anders hingegen präsentierte sich der Neujahrsempfang 2011 der Gemeinde Illingen:
Gelungener Beginn:
Die Sternsinger brachten Gottes Segen auf die Bühne der Illipse
Bürgermeister Armin König empfing zunächst Vertreter aller Illinger Vereine, die sich durch ihre Jugendarbeit auszeichnen. Förderbescheide von stolzen 30.000 Euro überreichte der Verwaltungschef - nicht ohne daraufhinzuweisen, dass die Illinger Gemeinderatsmitglieder die bisherige Förderung per Beschluss verdoppelt hatten. Anschließend wurden zunächst aktive Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, des DRK und des THW auf die Bühne gerufen und für ihre Einsätze - nicht zuletzt auch bei dem großen Brand auf dem Höll-Gelände - geehrt.
Auch die Bauhof-Mitarbeiter, die während der Schneefälle der vergangenen Wochen zuverlässig und unermüdlich im Winterdienst-Einsatz waren, wurden nicht vergessen.
Geschickt stellte Armin König viele, die es wirklich verdient haben, ins Rampenlicht.
Damit zeigte er eindrucksvoll, was ihm in seiner Gemeinde wichtig ist: Engagement. Freiwillig und ehrenamtlich.
Das macht, das hält Illingen lebendig.
Mit seiner Rede schlug Armin König in die gleiche Kerbe.
Dass auch Illingen, wie fast alle saarländischen Gemeinden, unter der kommunalen Finanznot leidet, weiß mittlerweile so ziemlich jeder.
Doch anders als seine Saarbrücker Kollegin starrt der Illinger Bürgermeister nicht auf die roten Zahlen wie das Kaninchen auf die Schlange.
Das machte seine Rede deutlich.
Einen Nebensatz widmete er dem Finanzproblem - um dann wirklich eindrucksvoll Vorschläge zu machen, wie man trotz (fast) leerer Kassen Spielräume schafft, Projekte vorantreibt und seine Gemeinde auf einen zukunftsorientierten Weg bringt.
Ich mag garnicht alles aufzählen, was Armin König genannt hat - aber liebe Leserin und lieber Leser: Er hat mir in vielen Punkten aus der Seele gesprochen. Auch was den Blick über den Tellerrand hinaus angeht.
Eines hat der 53jährige klar gemacht:
Die Zeit des Kirchturmdenkens ist vorbei.
Der Bürgermeister von Illingen setzt - wie auch die Saarbrücker Zeitung in ihrem Artikel bestätigt - auf ein Illinger "Wir-Gefühl". Armin König hat bei seinem Neujahrsempfang genau das geschafft, was der Saarbrücker Oberbürgermeisterin noch nicht einmal im Ansatz gelungen ist:
Er hat seine Gäste mitgenommen auf gedankliche Reisen.
Er hat motiviert.
Ohne Freibier und warme Wiener.
Kompliment!
Mein Fazit ist eindeutig:
Zum Neujahrsempfang der Stadt Saarbrücken zieht's mich nicht mehr.
Nach Illingen schon.
Dort gibt es das, was ich unserer Landeshauptstadt vermisst habe und - nach diesem Autritt der Oberbürgermeisterin - wohl auch zunächst weiter vermissen werde:
Idee, Kreativität, Gestaltungswillen und Gestaltungskraft.
Und ganz nebenbei: Ein wirklich tolle Show!!!