Mittwoch, 15. November 2023

Das Saarland hat sein erstes Kinderschutzgesetz!

Der Landtag hat heute mit den Stimmen von CDU und SPD ein unglaublich wichtiges Gesetz auf den Weg gebracht und ich bin froh, dass damit ein Stein, den ich als kinderschutzpolitischer Sprecher unserer CDU-Landtagsfraktion gemeinsam mit meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen im vergangenen Jahr ins Rollen gebracht habe, sein Ziel erreicht hat: Bestmöglichen Kinderschutz im Saarland!
Das Saarland hat nun ein eigenes Kinderschutzgesetz;
ein Gesetz, dass es zum Ziel hat, Kinder und Jugendliche so gut wie möglich vor Gewalt, vor sexualisierter Gewalt, vor psychischer Gewalt, vor Missbrauch und vor Vernachlässigung zu schützen; ein Gesetz, dass helfen soll, alle Fälle von Kindeswohlgefährdung so früh wie möglich aufzudecken und das so viele Menschen, so viele Institutionen wie möglich befähigen soll, Kindeswohlgefährdung in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zu erkennen.


Und das ist auch bitter nötig, denn alleine im zurückliegenden Jahr 2022 wurden im Saarland alleine 238 Fälle von sexuellem Missbrauch nach den Paragrafen 176-176e, 182, 183 und 183a des Strafgesetzbuches erfasst, in 116 dieser Fälle handelte es sich um den Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren.
Bundesweit wurden nach dem aktuellen Lagebild des BKA mehr als 18.400 Kinder und Jugendliche im vergangenen Jahr Opfer sexualisierter Gewalt. Das sind im Schnitt täglich mindestens 45 Betroffene, und in fast jedem siebten Fall hatte das Kind dabei sein sechstes Lebensjahr noch nicht erreicht.

Selbst kleinsten Kindern wurde Gewalt angetan, sie wurden entwürdigt, ihnen wurden körperliche und seelische Schäden zugefügt, die sie in vielen Fällen ein Leben lang begleiten werden.

Und diese Zahlen, die ich auch in der Landtagsdebatte noch einmal genannt habe, beinhalten nur die Taten, die aufgedeckt und zur Anzeige gebracht wurden.
Wie viele Taten aber bleiben unentdeckt, werden oft auch aus Scham verschwiegen?
Wie viele Taten bleiben auch unentdeckt, weil Kinder ihre Eltern selbst dann noch lieben, wenn sie Ihnen Schlimmstes angetan haben?
In wie vielen Fällen wurde weggesehen und in wie vielen Fällen zu wenig hingesehen, weil die, die hätten handeln können, die hätten helfen können, sich nicht sicher waren, dass ihr Bauchgefühl nicht doch trügt und sie niemanden etwas derart Schlimmes zutrauen, gar unterstellen wollten?

Wir wissen es nicht.

Und gerade deshalb ist es so unendlich wichtig, dass wir als Politik all denen, die eine Kindeswohlgefährdung erkennen könnten, die Gelegenheit, die Möglichkeit und die Fähigkeit geben, das bloße Bauchgefühl vielleicht zu entkräften – oder aber einen Verdacht zu erhärten und alles in die Wege leiten zu können, damit ein Kind aus seiner Not gerettet werden kann.

Mit genau dieser Zielrichtung waren wir 2007 das erste Bundesland, das unter Ministerin Monika Bachmann mit dem Programm „Keiner fällt durchs Netz“ ein flächendeckendes Angebot Früher Hilfen geschaffen hat um dort anzusetzen, wo es bereits in frühester Kindheit hakt und genau dort zu helfen – und nahezu alle anderen Bundesländer haben es uns seither gleichgetan.
Und genau diese Zielrichtung haben wir als CDU-Landtagsfraktion auch verfolgt, als wir am 13. Juli des vergangenen Jahres durch eine Änderung des Heilberufekammergesetzes einen interkollegialen Austausch von Kinder- und Jugendärzten ermöglichen wollten.

Leider konnte uns die Mehrheitsfraktion im Landtag, die absolut regierende SPD, damals noch nicht folgen und hat – anders als selbst ihre eigenen Kollegen in Nordrhein-Westfalen oder dem benachbarten Rheinland-Pfalz – die Notwendigkeit dieser Gesetzesänderung nicht erkannt.
Das bundesweite Echo allerdings, das auf die Ablehnung eines interkollegialen Ärzteaustauschs durch die SPD hier im Saarländischen Landtag folgte, war unüberhörbar und zeigte meinen Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Landtagsfraktion, dass wir mit unserer Initiative auf dem richtigen Weg waren und bis heute sind.
Der Stein aber war ins Rollen gebracht und er nahm Fahrt auf, als wir als CDU dann im September des vergangenen Jahres einen eigenen Entwurf für ein Saarländisches Kinderschutzgesetz in den Landtag eingebracht haben.
Einen Entwurf, der das hatte das Ziel hatte, klar den Schutz und die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen zu stärken und dabei vor allem auch den Fokus auf ihre Entwicklung zu legen. 

Die Eckpunkte unseres Entwurfes regelten unter anderem 
  • die anzustrebende Zusammenarbeit der beteiligten Akteure in Netzwerken für Kinderschutz
  • den interkollegialen Ärzteaustausch bei Missbrauchsverdacht zur Vermeidung von „Ärzte-Hopping“ 
  • die fachlichen Standards bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung einschließlich der Qualitätsberatung und Qualitätsentwicklung
  • Leitlinien für Kinderschutzkonzepte, die in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe zur Anwendung gelangen und deren Zielsetzung darin bestehen, mögliche Gefährdungen frühzeitig zu erkennen sowie ihnen angemessen zu begegnen
  • Die Einführung des Amtes eines oder einer Landesbeauftragten zum Schutz und für die Belange von Kindern
Und auch wenn das alles und noch viel mehr im September letzten Jahres im hohen Hause noch keine Mehrheit fand, rechne ich es der Landesregierung, rechne ich es auch dir lieber Magnus und deiner Fraktion hoch an, dass nahezu all das, was wir als CDU an Forderungen für ein wirklich gutes Kinderschutzgesetz  immer wieder betont haben, letztlich nun auch im Regierungsentwurf seinen Niederschlag gefunden hat.
Ein ganz wichtiger, ein ganz elementarer Punkt aber fand sich nicht im Regierungsentwurf: Eine Regelung zum interkollegialen Ärzteaustausch bei Missbrauchsverdacht zur Vermeidung eines „Ärzte-Hoppings“, das eine Kindeswohlgefährdung verschleiern soll.
Wir haben uns deshalb in Erster Lesung als CDU enthalten und hofften darauf, dass sich ein weiteres Mal das sogenannte Struck`sche Gesetz bewahrheiten würde, wonach „Kein Gesetz so aus dem Parlament herauskommt, wie es eingebracht worden ist“.

Dass in der folgenden Anhörung dann so viele insbesondere der von uns als CDU benannten Fachleute und Experten für Kinderschutz ihre Erfahrungen, ihre Meinung und ihr Wissen einbrachten und sich viele von ihnen mit großem Engagement und Herzblut dafür einsetzten, dass die Möglichkeit zu einem interkollegialen Ärzteaustausch in Gesetz aufgenommen wird, erfüllt mich ebenso mit tiefer Dankbarkeit 
wie die Tatsache, dass unser Unabhängiges Datenschutzzentrum und insbesondere unsere saarländische Datenschutzbeauftragte Frau Grethel uns Wege aufzeigten, wie wir eine solche Regelung datenschutzkonform treffen können.

Das Gesetz mit den vom Ausschuss beschlossenen Änderungen insbesondere zum interkollegialen Ärzteaustausch wird heute eine Mehrheit hier in diesem Parlament finden. 
Dessen bin ich mir sicher. 
Wir als CDU werden dem Änderungsantrag und dem Gesetz zustimmen, denn in seiner Gesamtheit wird es ein Meilenstein für den Kinderschutz im Saarland sein.

Am Ziel aber sind wir damit noch lange nicht, denn
als der zuständiger Minister im Juli letzten Jahres über den interkollegialen Ärzteaustausch sagte: „Das ist nicht die Lösung“, machte meine Kollegin Dagmar Heib völlig zu Recht deutlich: „Im Kinderschutz ist nichts DIE Lösung!“
Wir alle können nur daran arbeiten, den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen stetig zu verbessern und weiter zu entwickeln. Und das am besten gemeinsam.
Wir müssen dabei immer wieder neue Erkenntnisse aber auch neue Entwicklungen berücksichtigen. 
Wir müssen uns immer wieder fragen: Reicht das, was wir tun? 
Und wir wissen doch, dass es niemals ganz ausreichen wird.
Und deshalb ist schon jetzt auch klar, dass wir die nächsten Schritte gehen müssen und dass dazu untrennbar auch die Einrichtung eines Childhood-Hauses an unserem Universitätsklinikum gehören muss und dass wir immer wieder und immer mehr auch in Prävention, in Aufklärung und auch in die Strafverfolgung investieren müssen.
Das sind wir unseren Kindern schuldig.

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