Samstag, 3. Mai 2025

Innovation oder Schutz? Warum das Bundespatentgericht beim medizinischen Fortschritt bremst.

Diese Woche habe ich eine interessante Pressemitteilung des Bundespatentgerichtes gelesen: Das Gericht hat am 28. Januar 2025 (Az. 18 W (pat) 55/23) ein Patent für ein automatisiertes Diagnoseverfahren zur Erkennung von Herzkranzgefäßerkrankungen abgelehnt. Die Begründung: Diagnoseverfahren sind nach deutschem Patentrecht grundsätzlich vom Patentschutz ausgeschlossen.
Das mag auf den ersten Blick wie eine rein juristische Nachricht wirken – aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr beschäftigt mich, was das eigentlich für den Forschungsstandort Deutschland bedeutet:
Können wir es uns leisten, wichtige medizinische Innovationen nicht zu schützen?

Fangen wir mal ganz vorne an mit der Frage, warum Diagnoseverfahren nicht patentiert werden dürfen.

Das Gericht stützt sich hier auf ein durchaus bewährtes Prinzip: Die Entscheidungsfreiheit der Ärzte darf nicht durch Patente eingeschränkt werden. Medizinische Diagnosen sollen frei und im Interesse des Patienten gestellt werden – und nicht von Lizenzfragen oder wirtschaftlichen Interessen abhängen.

Es ist zunächst mal ein wichtiger Grundgedanke:
Er schützt die Patientenversorgung und verhindert, dass Unternehmen Krankheiten „monopolisieren“.
Was aber bedeutet das für die Innovationskraft? Denn trotz dieser wirklich guten Absichten stellen sich mir wichtige Fragen, wenn es um den Wettbewerb geht:

✅ Schwächere Investitionsanreize: Unternehmen investieren oft nur dann in Forschung, wenn sie ihre Ergebnisse auch schützen können. Ohne Patentschutz könnte es wirtschaftlich unattraktiv werden, in Deutschland neue Diagnoseverfahren zu entwickeln.

✅ Abwanderung ins Ausland: Länder wie die USA und verstärkt auch asiatische Staaten bieten oft mehr Möglichkeiten, medizinische Innovationen zu patentieren. Das könnte deutsche Firmen und Start-ups dazu bewegen, ihre Entwicklungen ins Ausland zu verlagern.

✅ Ungleiche Marktbedingungen: Während deutsche Anbieter durch das Patentverbot gebremst werden, können ausländische Unternehmen mit ihren patentierten Produkten internationale Märkte besetzen. Das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit „Made in Germany“.

Natürlich gibt es auch Gegenargumente: Firmen können oft trotzdem Teilbereiche (z. B. Softwarearchitektur) schützen oder Geschäftsgeheimnisse nutzen.
Aber reicht das aus?

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts ist juristisch natürlich absolut richtig – und gesellschaftlich gut begründet.
Das unsichere Bauchgefühl aber bleibt.
Denn ich finde, wir müssen uns in Deutschland auch fragen:
Wollen wir langfristig womöglich auf wichtige Innovationen verzichten, weil wir sie aus Angst vor Kommerzialisierung nicht schützen dürfen?
Gerade in einer Zeit, in der KI und Automatisierung in der Medizin rasant voranschreiten, brauchen wir einen ausgewogenen Ansatz. Der Schutz der ärztlichen Entscheidungsfreiheit darf nicht dazu führen, dass wir unsere Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen.

Deutschland muss innovationsfreundlich und verantwortungsbewusst zugleich sein. Gerade dann, wenn Innovationen, technische Errungenschaften und medizinische Durchbrüche die Diagnose und Behandlung kranken Menschen nachhaltig verbessern könnte.
Es ist eine Thematik, die offen diskutiert werden muss.
Ich hoffe sehr, dass wir diese Diskussion in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft künftig auch tatsächlih intensiver führen werden - und setze da ein Stück weit auch auf unsere neue Bundesregierung.

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