Seit einem Jahr hält ein Virus die Welt in Atem: Mehr als 125 Millionen Corona-Erkrankte stehen weltweit zu Buche; mehr als 75.000 bestätigte Covid-19-Todesfälle sind allein in Deutschland zu beklagen, darunter 935 Menschen aus dem Saarland. Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit diesen Zahlen vergleichsweise gut da - aber der Preis dafür waren persönliche Einschränkungen, das öffentliche Leben musste eingeschränkten werden. Bis hin zu einem Lockdown insbesondere im Freizeitbereich, in Sport, Kultur und Vereinsleben, aber auch in Handel, bei Dienstleistern und in der Gastronomie. Nun aber sorgt der zügige Impffortschritt dafür, dass wir immer mehr Menschen erfolgreich immunisieren und so zumindest die Zahl schwerer Krankheitsverläufe oder gar Todesfälle reduzieren können.Es ist deshalb an der Zeit, Antworten auf die Frage zu finden, wie wir zu dem Leben zurückkehren können, das der Mensch als soziales Wesen so dringend braucht. Es ist die Frage: Wie können wir es möglich machen, dass sich Menschen wieder gefahrlos treffen, unsere Vereine wieder trainieren, unsere Gaststätten öffnen und unsere Feste wieder stattfinden können?
Das Saarland macht nun die ersten Schritte auf einem Weg, auf dem eine maximal ausgeweitete und durchorganisierte Testinfrastruktur, eine mittlerweile sehr gut organisierte Impfkampagne und eine konsequente, digitalisierte Kontaktnachverfolgung die Schutzplanken bilden, mit der wir die Pandemie auch dann im Griff halten können, wenn das öffentliche Leben Fahrt aufnimmt.
Im Rahmen einer weiteren Sondersitzung des Saarländischen Landtages hat Ministerpräsident Tobias Hans heute das Saarland-Modell vorgestellt: Ab dem 6. April wird es – geknüpft an die Vorlage eines tagesaktuellen negativen Tests - weitere Öffnungsschritte in den Bereichen Gastronomie, Sport und Kultur geben, sofern die 7-Tage-Inzidenz stabil bei unter 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegt. Auch private Treffen und Veranstaltungen mit maximal zehn Personen im Außenbereich werden dann in Verbindung mit negativen Tests wieder möglich sein.
Das ist beileibe nicht die "Saarland-Sause", die das Revolverblatt BILD auf seiner Titelseite heute skizzierte und auch der als Epidemiologe von mir sehr geschätzte SPD-Politiker Karl Lauterbach hätte sich besser erst einmal inhaltlich mit dem Saarland-Modell beschäftigt, bevor er die ersten Interviews gab.
Aber auch er fiel dieses Mal offenbar dem Trend zum Opfer, nur noch Überschriften zu lesen und sich dann gleich zu echauffieren.
Tatsache ist: Die MPK hat in ihren letzten Beschlüssen den Weg für Modellprojekte frei gemacht. Und ich finde das richtig. Zwar bin ich Gesundheitspolitiker und vor allem weil ich mich seit einem Jahr intensiv mit allen gesundheitlichen und sozialen Folgen von Corona beschäftige grundsätzlich sehr zurückhaltend, was übereilte Öffnungsszenarien angeht. Ich sehe aber auch, dass die Inzidenz, der wichtigste Frühwarn-Indikator, im Saarland entgegen des Bundestrends verhältnismäßig stabil ist und auch, dass die Hospitalisierung zurückgeht.
Infolgedessen müssen wir Wege suchen, wie wir die bislang notwendigen Grundrechtseinschränkungen nachhaltig zurücknehmen können. Ich habe meinen Eppelborner Bürgermeister Andreas Feld und seine Amtskollegen aus Merzig und Illingen bei ihrem Vorschlag unterstützt, unsere drei Kommunen zu Modell-Kommunen zu machen. Ich kann aber sehr gut auch den Weg mitgehen, das ganze Saarland zur Modell-Region zu machen, zumal wir mittlerweile deutschlandweit nicht nur der "Impfprimus" sind, sondern auch europaweit eines der dichtesten Netze an Testinfrastruktur geknüpft haben.
Deshalb stimme ich Tobias Hans zu, wenn er sagt: "Kontaktbeschränkungen alleine können nicht der Königsweg sein. Es muss uns nach einem Jahr Corona-Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken. Wir wollen neue Wege in der Pandemiebekämpfung beschreiten. Es soll deshalb mit negativem Test wieder möglich sein, beispielsweise im Garten gemeinsam mit Nachbarn zu grillen, sich mit Freunden auf der Außenterrasse eines Restaurants zu treffen oder auf dem Marktplatz ein Eis zu essen gehen; wieder im Fitness-Center zu trainieren oder auf dem Bolzplatz Fußball zu spielen. Wir wollen damit den Menschen eine Perspektive bieten, um gerade im Frühling wieder etwas mehr Lebensqualität genießen zu können. Und wir wollen, dass Betriebe, Vereine und andere Einrichtungen daran teilhaben. Im Saarland haben wir für dieses Modellprojekt beste Voraussetzungen."
In der Landtagssitzung heute erklärte der Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende, warum diese Schritte möglich sind. Er betonte, dass wir derzeit ein moderates Infektionsgeschehen haben und dass im Saarland in den vergangenen Wochen gewaltige Vorarbeit für ein breite und umfangreiche kostenlose Testmöglichkeiten geleistet wurde. "Beim Testen wie auch beim Impfen gehört das Saarland zur Spitzengruppe in Deutschland. Die Impfkampagne wird durch die zusätzlichen 80.000 Dosen Biontech-Impfstoff als Sonderlieferung noch stärker an Fahrt aufnehmen", so Tobias Hans.
"Diese Zusatzmengen werden komplett in das bestehende System einfließen, die Kapazitäten werden der gesamten Bevölkerung nach der Priorisierungsliste der STIKO zugutekommen. Bis genügend Menschen ein Impfangebot bekommen, bieten uns die Tests als Sicherheitsnetz gute Chancen auf mehr Normalität, ohne die Kontrolle über die Pandemie zu verlieren. Wenn wir mit dem landesweiten Saarland-Modell Erfolg haben und es uns gelingt, das Infektionsgeschehen so über einen längeren Zeitraum im Griff zu haben, wird es weitere Öffnungsschritte geben können. Es kommt dabei auf uns alle an, dass wir verantwortungsbewusst mit den Lockerungen umgehen und sich die Lage nicht wieder zuspitzt. Corona ist leider noch immer nicht vorbei – wenn wir jetzt die Vorsicht über Bord werfen, droht uns gerade im Hinblick auf die Verbreitung der Mutationen ein Rückfall."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen