Ich begrüße es ausdrücklich, dass unter der Überschrift "schlauVV" der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Saarland durch die bevorstehende Tarifreform für viele und insbesondere auch für Familien mit Kindern günstiger werden soll.
Aber es ist bei weitem noch nicht der ganz große Wurf, wie er andernorts gewagt wird.
Das Tarifwerk bleibt vergleichsweise unübersichtlich und vor allem für Familien mit mehr als einem schulpflichtigen Kind unnötig bürokratisch. Dabei sorgt vor allem das Kleingedruckte für Verärgerung, die Eltern müssen den vollen Abopreis zahlen und nach Ablauf des Kalenderjahres schriftlich darum bitten, dass Ihnen das zu viel gezahlte Geld zurückerstattet wird.
„Wir hätten uns einen deutlich größeren Wurf gewünscht!“ In dieser Aussage zur Tarifreform im SaarVV bin ich mir mit meiner Kollegin Sarah Gillen einig. Zwar verlieren die Waben zukünftig bei Abonnements an Bedeutung, da die meisten Angebote saarlandweit gelten sollen.
Im Bus, wenn nur wenige Kilometer gefahren werden sollen, bleiben sie jedoch für die Fahrgäste und die Busfahrer ein ärgerliches Hindernis. Nicht selten gilt: eine Strecke – zwei Busfahrer – zwei Preise. „Dass wir das Tarifsystem ändern, ist längst überfällig. Aber wir hätten uns eine echte Umstellung weg von Wabe und hin zu mehr Gerechtigkeit gewünscht“ so Sarah Gillen.
Als kinderpolitischer Sprecher kann ich da nur zustimmen: Ich begrüße sehr, dass die Fahrten vor allem für Familien und Auszubildende günstiger werden! Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass es gerade für die Fahrt mit dem Bus zukünftig auch möglich wäre, über Luftlinie abzurechnen.
Die Digitalisierung ermöglicht es schon heute, die kürzeste Verbindung zwischen Start und Ziel zu berechnen. Dadurch, dass wir bedauerlicherweise trotzdem Waben und 3 Preisstufen beibehalten, bleibt das Tarifsystem unübersichtlich und intransparent.
"So verschenken wir unnötig viel Zeit auf dem Weg in einen nutzerfreundlichen, komfortablen ÖPNV!“ kritisiert deshalb auch Sarah Gillen, die verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion.
Beim Geschwisterrabatt wird's bürokratisch
Beim Geschwisterrabatt für das zweite und dritte Kind lässt der SaarVV den zudem noch den Amtsschimmel gehörig wiehern: Obwohl es in Zeiten moderner Datenverarbeitung eigentlich ein Leichtes sein müsste, den Rabatt bei der Tarifumstellung automatisch zu gewähren, besteht man darauf, dass die Eltern einen Antrag stellen - und zwar erst nachträglich zum Ende des Kalenderjahres.
Bis dahin müssen die Eltern für alle Kinder den Höchstpreis zahlen und gewähren so den Unternehmen im SaarVV quasi einen Kredit.
Bei Familien, die im ländlichen Raum wohnen und drei schulpflichtige Kinder haben, leppern sich die erstattungsfähigen Kosten in den zwölf Monaten eines Jahres schnell auf bis zu 360 Euro zusammen.
Das ist für viele Familien viel Geld.
Und wer dann vergisst, nach dem Jahreswechsel auch schnell den Antrag auf Rückerstattung zu stellen, guckt in die Röhre.
Man stellt sich vor diesem Hintergrund schon die Frage: Was soll das?
Warum bleibt man bei Vereinfachung, Transparenz und Familienfreundlichkeit auf halber Strecke stehen?
Oder hofft man, dass vielleicht nicht wenige im Trubel des Jahreswechsel den die Antragstellung vergessen und man als SaarVV auf Kosten der Familien die Bilanz ein wenig aufpolieren kann?
Denn wenn nur dreißig der in meinem Rechenbeispiel genannten Familien den Antrag vergessen, sackt die Saarbahn bereits einen fünfstelligen Betrag ein.
Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.
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