Es war eine tolle Veranstaltung am gestrigen Abend. Der Habacher Karnevalsverein hatte zur "Sommerfaasend" geladen. Moderiert vom Sitzungspräsidenten Torben Welter konnte der HKV mit einem bunten Programm einen tollen Erfolg in schwierigen Zeiten einfahren. Sehenswerte Tänze wechselten sich ab mit Büttenreden und karnevalistisch-humoristischen Vorträgen und auch die "Heroldsingers" sorgten für Stimmung im Zelt am Waldpark-Stadion.
Bei den Vorträgen besonders herausragend fand ich dabei den "Ortsvorsteherkandidaten Matze", der als Eisbrecher in seiner Büttenrede seine Pläne als neues Habacher Staatsoberhaupt schilderte, sowie Bernd und Julia Rech, die ihr eigenes Familienleben aufs Korn nahmen und die Suche eines Vaters und Geschäftsmannes nach einem (für ihn und das Geschäft) "nützlichen" Schwiegersohns auf die Bühne brachten.
Nicht weniger herausragend war aber auch Marco Thull, der in der Rolle des "Prof. Dr. Dr. Marco Mabuse" die begeisterten Zuschauer sensationell in die unendlich wichtige Wissenschaft der "Busologie" einführte und mit ausgesprochen großer Sachkenntnis über die Besonderheiten und Vorzüge von Körbchengrößen referierte.
Thorsten Feiß bewies als "de Schmal ohne de Schmächtig", dass weniger manchmal auch mehr sein kann, und auch der "Fernsehgraf" Timo Ehrhardt lief wieder zu altbekannter Hochform auf.
Ein karnevalistisches Streitgespräch führten "De Klään und der Anner" Konrad Thull und Volker Schorr auf der Bühne und zeigten, dass man auch vor Kalauern nicht zurückschrecken muss.
Und erst die Garde- und Showtänze: Egal ob es der Solotanz von Melina Kron war, die Jugend- oder Aktivengarde, die "Senioras" oder die "Funky Donkeys" - die Tänze waren alle wieder so phänomenal, dass es schwerfällt, einen davon besonders herauszugreifen. Wobei natürlich die Ägypterinnen und auch die Piratinnen alleine schon wegen ihrer Kostüme herausstachen, denn die Garden mussten leider aufgrund der Verbandsrichtlinien auf ihre üblichen Gardeuniformen verzichten. Deshalb umso mehr noch ein paar Worte zu unseren Habacher Garden:
Die wenigsten machen sich Gedanken darüber, welch' großes ehrenamtliches Engagement, wieviel harte Arbeit und wieviel Schweiß hinter der Faasend und vor allem hinter dem Programm einer Kappensitzung stecken.
Die Gardetänze, die Showtänze und auch die Mariechentänze beispielsweise sind nicht nur das Ergebnis regelmäßigen Trainings. Es steckt viel mehr dahinter. Der Weg, bis so ein Tanz steht, ist ein harter und steiniger.
Es beginnt mit der Auswahl des passenden Musikmixes und auf dessen Basis dann mit dem Entwickeln einer Choreografie, die zahlreiche Elemente enthalten muss, damit der Tanz die Zuschauer auch tatsächlich mitreißt und begeistert. Alleine darin stecken schon Stunden und Tage voller Konzentration und Arbeit und erst wenn diese Arbeit getan ist, können die ersten Schritte einstudiert und die sportlichen und akrobatischen Elemente trainiert werden.
Tanz ist Sport. Um als Garde oder Showtanzgruppe ein vorzeigbares Niveau zu erreichen, brauchen die Akteurinnen und Akteure Kraft, sie brauchen Fitness, Ausdauer und eine gleichbleibend hohe Motivation.
Auch Koordination ist unabdingbar, denn nur ein hohes Maß an Synchronität sorgt dafür, dass ein Tanz auch wirklich sein volle Wirkung auf die Zuschauer entfalten kann.
Gardetanz und karnevalistischer Tanz sind Leistungssport und deshalb finde ich es richtig und wichtig, dass viele Garden und Tanzgruppen nicht nur für die Handvoll Auftritte an den Kappensitzungen trainieren, sondern auch Gelegenheit haben, sich im Wettkampf zu messen, an Turnieren teilzunehmen und auch an Meisterschaften und so herausfinden können, wie gut sie sind und wie sie noch besser werden können.
In Pandemiezeiten war und ist das alles nicht möglich und gerade die kleinen Vereine sind gefordert wie nie zuvor, um ihre auch gesellschaftlich wertvolle Kinder- und Jugendarbeit weiterhin aufrecht zu erhalten und ihre Akteurinnen und Akteure zu motivieren und das Auseinanderbrechen von über Jahre zusammengewachsenen Gruppe zu verhindern.
Die "Sommerfaasend" in der Habach am gestrigen Abend war deshalb unendlich wichtig um den Garden zu zeigen: Ihr habt nicht umsonst geübt, trainiert und Durchhaltevermögen bewiesen.
Natürlich ist es richtig, dass deutlich unterschieden wird zwischen Partyrummel und Karneval.
Karneval, Fastnacht, Fastelovend und Faasend sind eine Tradition, die nicht beliebig sein kann und nicht beliebig werden darf. Deshalb ist es ganz grundsätzlich auch richtig, dass sich die Verbandsfunktionäre immer wieder klar gegen Auswüchse positionieren. Sie müssen aber auch den Mut und die Klugheit besitzen, zu erkennen, wann die Ausnahme von der Regel erlaubt sein muss.
Wir leben durch die Pandemie seit zwei Jahren in einem Ausnahmezustand. Und dieser ganz besonderen Situation muss Rechnung getragen werden, wenn man die breit aufgestellte ehrenamtliche Kinder- und Jugendarbeit insbesondere im ländlichen Raum nicht zu Grabe tragen will oder sie nur noch finanz- und mitgliedsstarken, zunehmend professionalisiert wirkenden Großvereinen übrig lassen will.
Es war deshalb, wie ich finde, richtig, dass der Habacher Karnvalsverein Flexibilität bewiesen und die Gratwanderung geschafft hat, das Korsett enger Vorgaben des VSK einzuhalten und trotzdem gerade als kleiner Verein das Zeichen zu setzen:
Brauchtum kann nur überleben wenn man es lebt.
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