Der gestrige Volkstrauertag war für mich und auch für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) ein ganz besonderer Tag. Weit wichtiger als der Umstand, dass ich erstmals in meinem Ehrenamt als neuer Landesvorsitzender des VDK die Gäste unseres zentralen Festakt in der Ludwigskirche begrüßen durfte, war dabei die Tatsache, dass am grenzüberschreitenden Volkstrauertag in Saarbrücken und Spicheren zum ersten Mal gleich zwei hochrangige Repräsentanten gemeinsam die Gedenkrede gehalten haben.
Vor rund 220 Gästen hielten Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und Präfekt Laurent Touvet gemeinsam die Gedenkrede auf Deutsch. Eine deutsche und eine französische Schule gestalteten die Gedenkstunde ebenfalls mit. Traditionsgemäß verlas im Anschluss Landtagspräsidentin Heike Becker das Totengedenken. Der Figuralchor der Ludwigskirche begleitete die Gedenkveranstaltung musikalisch.
Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, und Präfekt Laurent Touvet hielten eine 20-minütige Gedenkrede auf Deutsch und gingen darin auf die gemeinsame schmerzhafte Vergangenheit des Département Moselle und des Saarlandes ein. Die letzte Passage lasen sie gemeinsam vor: „Wir wollen die Hoffnung auf universellen Frieden weitertragen, die Hoffnung, dass sich Schillers Ode an die Freude erfüllen möge: ‚Alle Menschen werden Brüder‘“.
Anke Rehlinger betonte in ihrem Redebeitrag: „Wir, Deutsche und Franzosen, haben die Verantwortung gegenüber unserer Geschichte angenommen und aus den Fehlern der Vergangenheit unsere Lehren gezogen. Heute arbeiten wir Hand in Hand daran, dass die deutsch-französischen Beziehungen als Vorbild dafür dienen, wie aus Kriegen und Konflikten Frieden und Freundschaft entstehen können. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Terror der Hamas führen uns vor Augen, dass Frieden auch in den heutigen Zeiten keineswegs selbstverständlich ist. Wir alle können und müssen einen Beitrag zu einem friedlichen Europa, zu einer friedlichen Welt leisten.“
Als Landesvorsitzende des VDK appellierte ich zuvor in meiner Rede zur
Begrüßung der zahlreichen hochrangigen Gäste an alle, gemeinsam gegen Antisemitismus und offene Aggression gegen Menschen jüdischen Glaubens vorzugehen. „Sich erinnern, gesichertes Wissen über die Vergangenheit aufbauen, Vergangenes als Verantwortung begreifen und vor allem nicht nachlassen, das sind die Rezepte, mit denen verantwortungsbewusste Menschen jede Frage beantworten können, die sich ihnen stellt. Vor Ort und in der internationalen Politik. Ich lade Sie alle ganz herzlich ein, dabei mitzumachen“.
Die vier Schülerinnen des Hochwald-Gymnasiums Wadern hatten im Vorfeld des Volkstrauertages eine Umfrage gemacht, um folgenden Fragen nachzugehen:
Warum machen Menschen Krieg?
Warum muss der Frieden unbedingt wiederhergestellt werden?
Warum muss Erinnerungsarbeit geleistet werden?
Sie stellten in ihrem Beitrag die Antworten von Personen unterschiedlichen Alters vor, vom Zeitzeugen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bis hin zu Kindern. Zum Schluss spielten sie eine Audiodatei ab: Eine Französin aus Nordfrankreich erzählt darin von einer außergewöhnlichen Rettungsaktion am 11.09.1942. Rund 60 französische Jüdinnen und Juden entkamen dank engagierter Bürgerinnen und Bürger dem Transport nach Auschwitz.
Elf Schülerinnen und Schüler der Institution Sainte Chrétienne aus Sarreguemines haben Charles de Gaulles Rede an die deutsche Jugend vor 61 Jahren vorgetragen: „Die Zukunft unserer beiden Länder, der Grundstein, auf dem die Einheit Europas errichtet werden kann und muss, und der höchste Trumpf für die Freiheit der Völker bleiben die gegenseitige Achtung, das Vertrauen und die Freundschaft zwischen dem französischen und dem deutschen Volk.“ Im Anschluss stellten die Schülerinnen und Schüler die jeweiligen Staatsoberhäupter Deutschlands und Frankreichs seit der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages vor. Alle haben stets eine stabile Spitze in Europa gebildet und ihre eigenen Schwerpunkte gesetzt.
Der Figuralchor der Ludwigskirche sang von oben auf der Empore herab, geleitet und begleitet von Kirchenmusikdirektor Ulrich Seibert an der Orgel. Die Liedauswahl war ebenfalls deutsch-französisch.
Kranzniederlegung auf den Spicherer Höhen - mit Vertretern aus Frankreich, Deutschland und den USA
Die Kranzniederlegungen auf den Spicherer Höhen fanden bei bestem Wetter statt. Dank des Einsatzes der Feuerwehr aus Spicheren verlief alles reibungslos. Bundeswehrsoldaten sowie Polizeibeamte der Gendarmerie aus Behren-les-Forbach bildeten jeweils einen Ehrenzug, während eine Fahnenabordnung des 21st Theater Sustainment Command aus Kaiserslautern den Deputy Commanding Officer, Colonel Todd Allison, begleitete. Musikalisch unterstützt von der Harmonie municipale marschierte der Ehrenzug mit allen Gästen vom amerikanischen Denkmal zur deutschen Kriegsgräberstätte.
Nach den traditionellen Kranzniederlegungen begrüßte der Bürgermeister von Spicheren, Claude Klein, alle Gäste im Spicherer Rathaus und eröffnete mit unserem Landesvoristzenden Alwin Theobald das Buffet. Beim Ehrenwein hatten die Gäste im Anschluss Gelegenheit, sich auszutauschen.
Insgesamt waren rund 220 Personen der Einladung des Volksbundes gefolgt, darunter hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Deutschland und Frankreich aus den Bereichen Politik, Bundeswehr, Reservistenverband, Kirchen sowie Vereine und Verbände.
(Text auf Basis der Pressemitteilung von Amélie Zemlin-Kohlberger)
Hintergrund:
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. wurde 1919 gegründet und ist seit 1954 im Auftrag der Bundesregierung für die Suche und Identifizierung von deutschen Kriegstoten im Ausland sowie für deren würdige Bestattung und den Erhalt ihrer Gräber zuständig. Seit seiner Gründung hat er in 46 Ländern mehr als 830 Kriegsgräberstätten mit knapp 2,8 Mio. Gräbern errichtet. Die Landesverbände im Inland organisieren u.a. die Haus- und Straßensammlung, Friedens- und Jugendprojekte und die Gedenkstunde am Volkstrauertag. Der Landesverband Saar richtet die zentrale Gedenkstunde am Volkstrauertag in Saarbrücken und auf den Spicherer Höhen in Frankreich aus. Bundesweit ist dies die einzige grenzüberschreitende Gedenkveranstaltung an diesem Tag.
Zudem sind die Landesverbände Ansprechpartner für Mitglieder und Angehörige und unterstützen die Kommunen in der Kriegsgräberfürsorge. Der gemeinnützige Verein finanziert seine Arbeit zu 70% aus privaten Geldern und ist daher auf Mitglieds- und Spendenbeiträge angewiesen.
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