In der vergangenen Woche haben wir im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit auf Antrag unserer CDU-Landtagsfraktion einen wichtiges Thema diskutiert: Vertreter der Apothekerkammer des Saarlandes und des saarländischen Apothekervereins e.V. standen uns Rede und Antwort zu aktuellen Problemen der Medikamentenversorgung und zur dramatischen Entwicklung des Apothekensterbens im Land. Was aktuell passiert, ist mehr als ein struktureller Wandel: Es ist eine ganz erhebliche Belastung der Daseinsvorsorge.
Als gesundheitspolitischer Sprecher unserer CDU-Landtagsfraktion habe ich in der Diskussion deutlich gemacht, dass wir - und das auch ganz persönlich - an der Seite der Apothekerverbände stehen und die seit Jahren fehlende Anpassung des Apothekenhonorars scharf kritisieren.
Es stößt nachvollziehbar auf absolutes Unverständnis, dass das im Koalitionsvertrag als "Sofortmaßnahme" vereinbarte Fixhonorar von 9,50 Euro verschoben und erneut geprüft werden soll.
Unseren Apotheken fällt es immer schwerer, kostendeckend zu arbeiten. Der anhaltende Verlust an Einnahmen bei gleichzeitig wachsender Regulierungs- und Bürokratiebelastung führt insbesondere im ländlichen Raum zu Existenzängsten - und letztlich dann zur Schließung von immer mehr Apotheken.
Besonders eindrücklich: Die Apotheken leisten durch Rabattverträge Einsparungen für Krankenkassen, doch sie sehen sich im Gegenzug nicht ausreichend im System getragen.
Für mich ist klar: Wenn wir die wohnortnahe Arzneimittelversorgung sichern wollen – gerade auch in entlegenen Regionen des Saarlandes – dann reicht es nicht, die Symptome zu behandeln. Wir brauchen einen Systemwechsel.
Was hinter dem Apothekensterben steht
Aus dem Gespräch im Ausschuss ergaben sich einige wiederkehrende Gründe:
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Langjährige Untervergütung: Das Honorarniveau bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wurde über Jahre nicht angepasst. Die Fixhonoraranteile reichen nicht mehr, um Personal- und Sachkosten zu decken.
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Steigende Betriebskosten & Löhne: Auch Apotheken müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen, Miete, Energiekosten, Logistik — und das in einem Umfeld mit engen Margen.
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Bürokratie & Regulierung: Compliance, Dokumentationspflichten, Rabattverträge, Rückgriffsregelungen – all das bindet viel Personal und Zeit, oft ohne angemessene Gegenleistung.
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Wettbewerbsverzerrung mit Versandapotheken: Die Rahmenbedingungen für Vor-Ort-Apotheken sind oft schlechter als die für den Versandhandel – hier fordern die Apotheker gleiche Rahmenbedingungen.
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Demografischer Wandel und Bevölkerungsrückgang auf dem Land: Weniger Einwohner, längere Wege und geringere Wirtschaftskraft erschweren das Apothekenmodell in ländlichen Gemeinden.
Diese Faktoren sind kein Geheimnis – aber sie wirken zusammen wie ein Multiplikator, der viele Apotheken an ihre Grenzen bringt.
Meine Einschätzung & politische Handlungsperspektiven
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Sofortmaßnahmen zur finanziellen Entlastung
Die Apotheken müssen kurzfristig entlastet werden — durch eine einmalige, spürbare Honorarerhöhung, ohne weitere Verzögerung. Der Verweis auf die „Überprüfung“ des 9,50 Euro-Fixhonorars darf nicht weiter als Ausrede dienen. -
Nachhaltige Rahmenreform statt Flickwerk
Wir brauchen eine umfassende Apothekenreform, die wirtschaftliche Stabilität, Planungssicherheit, Bürokratieabbau und wettbewerbsneutrale Bedingungen (insbesondere gegenüber Versandhandel) zusammenführt. -
Regionale Fördermodelle & Anreizstrukturen
Für Apotheken in strukturschwachen, ländlichen Gebieten müssen gezielte Zuschüsse, Investitionshilfen oder Vergünstigungen bei Logistik, Energie oder Miete geprüft werden. So kann das Risiko einer Schließung abgemildert werden. -
Wettbewerbsangleichung mit Versandhandel
Die Politik muss sicherstellen, dass Vor-Ort-Apotheken nicht gegenüber Versandapotheken strukturell benachteiligt bleiben. Bei gleichen Bedingungen würde der Standortvorteil vor Ort – Nähe zum Patienten – stärker ins Gewicht fallen. -
Bürokratieabbau & Prozessoptimierung
Wir müssen prüfen, welche Dokumentationspflichten entschlackt oder digitalisiert werden können. Außerdem sollten wir Prozesse (z. B. mit Krankenkassen) harmonisieren, um Ressourcen freizusetzen. -
Monitoring & Evaluierung
Es darf nicht bei warmen Worten bleiben. Es muss ein Monitoringmechanismus etabliert werden, der die Auswirkungen von Reformen transparent darstellt – auch mit Kennzahlen etwa zur Apothekendichte, Schließungsquote und Versorgungsengpässen.
Aus Blickrichtung des Saarlandes: Alarmstufe Rot
Im Saarland verschärft sich die Lage besonders akut. Die geringeren Bevölkerungszahlen in vielen Regionen und oft längere Wege zu Ärzten und Apotheken machen die Konsequenzen des Apothekensterbens spürbar: Wer heute in einer kleinen Gemeinde wohnt, kann morgen weiter fahren müssen — oder im Notfall mehr Risiko tragen.
Die Landespolitik und wir im Landtag sind hier gefordert: Wir müssen Druck machen auf Bund und Krankenkassen, damit finanzielle Mittel bereitgestellt und strukturelle Reformen umgesetzt werden. Gleichzeitig sollten wir als Saarland prüfen, welche landesspezifischen Hilfen wir einsetzen können, um das Überleben vor Ort zu sichern.
Das Apothekensterben ist kein Nebenschauplatz – es ist unmittelbar mit Gesundheit, Versorgungssicherheit und Lebensqualität verbunden. Wenn wir heute nicht eingreifen, stehen morgen immer mehr Menschen, die dringend Medikamente brauchen, nicht mehr nur nachts und am Wochenende vor weiten Wegen, sondern auch an ganz normalen Werktagen.
Politik muss nicht nur zuhören — sie muss gestalten. Wir in der CDU-Landtagsfraktion werden das Thema weiter nach vorne bringen – mit Nachdruck und mit klaren Forderungen.
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