Donnerstag, 9. Oktober 2025

Milch gehört zur Ernährungssicherheit – Fakten statt Ideologie

In den sozialen Medien und auf bestimmten Internetseiten werden in letzter Zeit wieder pauschale und teils schockierende Vorwürfe gegen die Milchviehhaltung in Deutschland verbreitet – so etwa in einem aktuellen Artikel der sogenannten Tierrechtsorganisation PETA. Als agrarpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im Saarländischen Landtag sehe ich viele dieser Behauptungen sehr kritisch.
Ich komme selbst vom Land, kenne unsere Landwirtschaft aus eigener Erfahrung und weiß, wie verantwortungsvoll die große Mehrheit unserer Bäuerinnen und Bauern arbeitet. Das verzerrte Bild einer angeblichen „Massentierhaltung“ entspricht schlicht nicht der Realität in den ländlichen Räumen und Regionen unseres Landes. 

Milch ist Teil unserer Daseinsvorsorge

Milch ist nicht nur ein wertvolles Nahrungsmittel, sie ist auch ein fester Bestandteil unserer Ernährungssicherheit. Ohne unsere Milchviehbetriebe würde ein wichtiger Teil der regionalen Versorgung, der Wertschöpfung im ländlichen Raum und der Kulturlandschaftspflege verloren gehen.

Gerade im Saarland und in vielen anderen Regionen Deutschlands sind viele der Flächen, auf denen unsere Kühe grasen, nicht ackerfähig. Das dort wachsende Weidegras ist für Menschen nicht essbar – aber Kühe können es dank ihrer einzigartigen Verdauung in hochwertiges Eiweiß und damit in Lebensmittel wie Milch, Joghurt oder Käse umwandeln.

Das ist kein Ressourcenverbrauch, sondern ein Beispiel dafür, wie Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Nutzung natürlicher Flächen funktionieren. Grünland erhält Biodiversität, bindet CO₂, schützt Böden und Landschaften – und kann ohne Wiederkäuer langfristig gar nicht sinnvoll bewirtschaftet werden.

Pflanzliche Alternativen sind kein Freifahrtschein

Natürlich darf jeder selbst entscheiden, ob er Milch trinkt oder lieber zu pflanzlichen Alternativen greift. Aber es gehört zur Ehrlichkeit, auch diese Seite zu betrachten:
Für pflanzliche Drinks werden Ackerpflanzen wie Soja, Hafer oder Mandeln angebaut. Das erfordert zusätzliche Anbauflächen, Düngung und Pflanzenschutzmittel – oftmals in Ländern mit geringeren Umweltstandards als in Deutschland.
Wer also glaubt, pflanzliche Alternativen seien per se klimaneutral oder ressourcenschonend, irrt.
Die Realität ist komplexer. Nachhaltigkeit entsteht nicht durch einfache Verbote oder moralische Appelle, sondern durch ein Zusammenspiel aus effizienter Landwirtschaft, technologischer Innovation und verantwortungsvollem Konsum.

Weidehaltung ja – aber mit Augenmaß

PETA und andere Organisationen fordern eine verpflichtende Weidehaltung. Das klingt zunächst sympathisch, greift aber zu kurz. Weidehaltung ist dort sinnvoll, wo Standort, Fläche und Witterung es zulassen. Entscheidend ist jedoch nicht das Etikett „Weide“, sondern das Tierwohl selbst – also die Gesundheit, Pflege und Haltung der Tiere im Stall oder auf der Fläche.
Viele moderne Betriebe setzen längst auf komfortable Laufställe, auf digitale Gesundheitsüberwachung und artgerechte Fütterungssysteme. Solche Innovationen verdienen Unterstützung statt pauschaler Verurteilung.

Fakten statt Ideologie

PETA betreibt Tierschutz aus einer rein ideologischen Perspektive. Ziel ist letztlich eine vollständig tierfreie Landwirtschaft. Diese Position mag man vertreten, aber sie blendet zentrale Fakten aus:
  • Über 30 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland sind Grünland – ohne Tiere nicht sinnvoll nutzbar.

  • Etwa 85 % des Tierfutters besteht aus für Menschen nicht essbarer Biomasse wie Gras oder Reststoffen.

  • Milchviehhaltung ist in vielen Regionen eine tragende Säule der ländlichen Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze, Wertschöpfung und regionale Stabilität.
Wer diese Betriebe schwächt oder abschaffen will, gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch unsere Ernährungssicherheit und Kulturlandschaft.

Was wir brauchen ist vielmehr Förderung statt Verteufelung

Wir müssen die Landwirtschaft nicht ideologisch bekämpfen, sondern müssen sie als Teil der Daseinsvorsorge und unserer Ernährungssicherheit zielgerichtet unterstützen:
  • Förderung für Tierwohl-Investitionen und Stallumbauten

  • Unabhängige Kontrollen und klare Tierwohlstandards

  • Bürokratieabbau und faire Rahmenbedingungen für bäuerliche Betriebe

  • Forschung und Innovation in Richtung ressourcenschonender Produktion
So sichern wir Tierwohl, Umwelt und Wettbewerbsfähigkeit – und stärken zugleich unsere regionale Versorgung.

Mein Fazit

Milch ist kein Problem – sie ist Teil der Lösung.
Unsere Milchviehhaltung ist ein zentraler Baustein einer nachhaltigen, regionalen Landwirtschaft, die aus natürlichen Ressourcen echte Lebensmittel macht.
Wer unsere Bäuerinnen und Bauern pauschal diskreditiert, verkennt nicht nur die Realität auf den Höfen, sondern gefährdet auch das Vertrauen in eine Branche, die jeden Tag Verantwortung trägt – für Tiere, Umwelt und Menschen gleichermaßen. Wir brauchen Fakten statt Ideologie, Unterstützung statt Anklage und Zukunftsperspektiven statt Schuldzuweisungen.
Nur gemeinsam – mit Landwirten, Verbrauchern und Politik – schaffen wir eine Landwirtschaft, die ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich tragfähig bleibt.

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