Was tut diese Landesregierung unseren Kindern an? Junge Eltern verlassen sich darauf, dass sie für ihre Kinder auch Kita-Plätze erhalten und dass die Kleinen in den Kitas auch bestens betreut werden. Dass die Realität jedoch im Saarland leider völlig anders aussieht, bekam die Landesregierung nun ganz aktuell noch einmal von der Bertelsmann-Stiftung Schwarz auf Weiß bescheinigt. Da nutzen auch die Schönfärberei und die Potemkinschen Dörfer des Bildungsministeriums nichts mehr.
Die Fakten sind:
- Im Saarland fehlen 6.700 Kita-Plätze um die Bedarfe der Eltern zu decken!
- In keinem anderen westdeutschen Bundesland ist der Personalschlüssel so schlecht wie im Saarland! Grafik.
- 79 Prozent der Kita-Kinder im Saarland in Gruppen mit nicht-kindgerechten Personalschlüsseln betreut!
Die Landesregierung will die Kitas kostenlos machen. Aber was hilft das, wenn Kinder gar keinen Kindergartenplatz bekommen und gleichzeitig viele Erzieherinnen und Erzieher klagen, ihre Einrichtungen würden aufgrund des dramatischen Personalmangels immer mehr zu "Verwahranstalten"?
Wenn vor diesem Hintergrund dann auch noch die Bildungsministerin dreist behauptet "Das Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass wir den richtigen Weg gehen." so muss das in den Ohren vieler Eltern wie blanker Hohn klingen, denn die Aussage ist soweit von der Wahrheit entfernt, wie der Nordpol vom Äquator.
Jutta Schmitt-Lang, bildungspolitische Sprecherin unserer Fraktion, und ich als kinderschutzpolitischer Sprecher sind uns einig: Die Bertelsmann-Studie unterstreicht die falsche Schwerpunktsetzung der SPD-Landesregierung im Kita-Bereich mit großem Nachdruck. Die Studie attestiert der Landesregierung eine unterdurchschnittliche Betreuungsquote im Bundesvergleich und einen Personalschlüssel, der nicht kindgerecht ist. Damit bestätigt die Studie das sich immer stärker ergebende Gesamtbild, wonach die Personalsituation in unseren Kitas zum Teil dramatisch ist und sich immer weiter zuspitzt. Die Bildungsministerin muss endlich ihre realitätsverweigernde Schönfärberei aufgeben, davon wird die Situation nicht besser.
Seit Monaten fordern wir als CDU-Fraktion von der Landesregierung eine umfassende Fachkräfteoffensive einerseits und ein Konzept zum alternativen Personaleinsatz andererseits. Wir haben dazu mehrfach konkrete Vorschläge gemacht. Es ist absolut unverständlich, dass die SPD diese Vorschläge bisher blockiert hat und die zuständige Ministerin die massiven Probleme in unseren Kitas schlichtweg ignoriert.
Es ist unredlich, die Verantwortung für die Bildung unserer Kleinsten allein Kommunen und Trägern zuzuschieben. Die Landesregierung muss ihre Verantwortung endlich ernst nehmen.“
In ihrer Studie stellt die Bertelsmann-Stiftung fest:
"Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf eine Tagesbetreuung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr gibt es im Saarland noch immer zu wenige Kita-Plätze, um den Bedarf der Eltern zu decken. Neuen Berechnungen zufolge wird es auch bis 2030 nicht gelingen, die Lücke zu schließen sowie eine bessere Personalausstattung zu erreichen."
Im Saarland liege die Quote der unter dreijährigen Kinder in Kindertagesbetreuung mit 32 Prozent noch unter dem Bundesdurchschnitt von 36 Prozent, heißt es in der Studie. Tatsächlich aber wünschten sich jedoch 53 Prozent der Eltern für ihr Kind in dieser Altersgruppe eine Betreuung.
Bei den ab Dreijährigen liegt die Betreuungsquote mit 89 Prozent ebenfalls unter dem Bundesdurchschnitt. Allerdings haben hier 95 Prozent der Eltern Bedarf an einer Kindertagesbetreuung. Im Ergebnis fehlen in dem Bundesland 6.700 Kita-Plätze, um die Bedarfe der Eltern zu decken.
Das zeigen die Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“.
„Das Saarland kann den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach wie vor nicht bedarfsgerecht erfüllen. Die Kinder bekommen keinen Zugang zu frühkindlicher Bildung, während die Eltern Familie und Beruf schwerer vereinbaren können“, sagt Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.
"Mangelnde Personalausstattung gefährdet Bildungsauftrag der Kitas"
Gleichzeitig werden 79 Prozent der Kita-Kinder im Saarland in Gruppen mit nicht-kindgerechten Personalschlüsseln betreut. In den Krippengruppen ist eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft rechnerisch für 3,8 ganztagsbetreute Kinder zuständig. Das ist etwas ungünstiger als der Westwert von 1 zu 3,4, und verfehlt das von der Bertelsmann Stiftung empfohlene Verhältnis von 1 zu 3. In den Kindergartengruppen ist eine Fachkraft rechnerisch für 9,6 Kinder verantwortlich. Dies ist deutlich ungünstiger als das Westniveau (1 zu 7,7) und als der von der Bertelsmann Stiftung empfohlene, kindgerechte Personalschlüssel von 1 zu 7,5 in dieser Gruppenform.
„Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis. Es ist davon auszugehen, dass die Kitas im Saarland aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können“, sagt Bock-Famulla. Dass die Kitas im Saarland eine bessere Personalausstattung benötigen, zeigt auch die Fachkraft-Kind-Relation. Sie spiegelt wider, wie viele Kinder eine Vollzeit-Fachkraft rechnerisch unmittelbar im Alltag betreut. „Wenn man Urlaubs- und Krankheitstage sowie Zeit für Teamgespräche, Vor- und Nachbereitung und Weiteres abzieht, ist davon auszugehen, dass im Schnitt nur zwei Drittel der Arbeitszeit für die eigentliche Bildung und Betreuung der Kinder zur Verfügung stehen“, erklärt Bock-Famulla. Für das Saarland bedeutet das, dass bei einem Personalschlüssel von 1 zu 3,8 eine Fachkraft in den Krippengruppen 5,7 Kinder betreut.
Um die Situation zu verbessern, benötigen die Kitas im Saarland deutlich mehr Personal. Laut dem aktuellen „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ der Bertelsmann Stiftung werden in dem Bundesland bis zum Jahr 2025 allerdings 1.600 Fachkräfte fehlen, nur um die Betreuungsbedarfe der Eltern zu erfüllen.
Auch bis 2030 besteht im Saarland nicht die Chance, die aktuellen Elternbedarfe zu erfüllen sowie die Personalschlüssel auf das West-Niveau zu verbessern. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Zahl der Eltern, die ihre Kinder betreuen lassen möchten, weiter steigt. Das gilt vor allem für die Gruppe der Kinder unter drei Jahren.
Um die Kita-Krise kurzfristig abzumildern, sind neue Antworten gefragt
Um den enormen Personalmangel bereits jetzt abzufedern, müssten die vorhandenen Fachkräfte von nicht-pädagogischen Aufgaben entlastet werden, zum Beispiel durch Mitarbeitende in der Verwaltung und Hauswirtschaft. Auch die Gewinnung und Qualifizierung von Quereinsteigern bleibt wichtig. Zudem wäre eine Anpassung der Kita-Öffnungszeiten auf sechs Stunden täglich eine mögliche Maßnahme.
Nach Berechnungen des Fachkräfte-Radars könnten die Kitas im Saarland dadurch bis 2025 die Platzbedarfe aller Eltern erfüllen und die Personalschlüssel das bessere Westniveau erreichen. Laut der Kinderbetreuungsstudie 2022 des Deutschen Jugendinstitutes wünscht sich ein Teil der Eltern in dem Bundesland kürzere Betreuungszeiten, als vertraglich vereinbart sind.
„Ein solches Vorgehen kann aber nur in Abstimmung zwischen Eltern, Träger und Kommune getroffen werden“, so Bock-Famulla. Zudem müssten Arbeitgeber die Arbeitszeiten von Eltern stärker an die Öffnungszeiten von Kitas anpassen. „Die Kita-Krise ist so weit fortgeschritten, dass sie neue Antworten erfordert. Allen Akteur:innen, insbesondere Politik und Arbeitgebern, muss klar sein: Der anhaltende Personalmangel in der frühkindlichen Bildung hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft“, betont die Expertin.