Als Kinderschutzpolitikerinnen und -politiker von CDU und CSU haben wir uns zu unserer diesjährigen Fachtagung in Mainz getroffen. Während unserer zweitägigen Veranstaltung stand neben zahlreichen Fachgesprächen ein Austausch mit dem Kinderschutzbund Rheinland-Pfalz auf dem Programm. Im Anschluss an die Tagung haben wir gemeinsame Forderungen zu mehr Kinderschutz in ganz Deutschland aufgestellt.
Angesichts steigender Zahlen von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen müssen bei uns alle Alarmglocken läuten. Es werden dringen weitere Maßnahmen gebraucht, um Kinder und Jugendliche vor Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung zu schützen.
Wir fordern deshalb verpflichtende Schutzkonzepte, die sicherstellen, dass Kinder in all ihren Umgebungen sicher sind – sei es zu Hause, in der Schule, in der Freizeit oder in anderen öffentlichen Einrichtungen. Sämtliche Träger von Einrichtungen, die direkten Kontakt mit Kindern und Jugendlichen haben, sollen Schutzkonzepte entwickeln und umsetzen.Wir fordern weiter, dass alle Bundesländer von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Es darf nicht sein, dass gewalttätige Eltern durch das ständige Wechseln des Kinderarztes ihre abscheulichen Taten verdecken können.
Außerdem fordern wir einen bundesweit flächendeckenden Ausbau sogenannter Childhood-Häuser für Kinder und Jugendliche, die Opfer oder Zeugen von Gewalt wurden, eine Verkehrsdatenspeicherung zum stärkeren Schutz von Kindern im Internet und eine Aufarbeitung der Geschichte und des Leides der Verschickungskinder in Deutschland.
Eine wirksame Verbesserung des Kinderschutzes schaffen wir nur im engen Schulterschluss von Bund und Ländern. Alle politisch Verantwortlichen müssen sich in diesem Sinne für mehr Kinderschutz einsetzen.
5 konkrete Forderungen für mehr Kinderschutz:
Als Kinderschutzpolitikerinnen und -politiker von CDU und CSU in den deutschen Landtagen und Bürgerschaften sowie im Abgeordnetenhaus von Berlin haben wir uns in unserer diesjährigen Fachtagung in Mainz dafür ausgesprochen, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten:1. Verpflichtung zur Erstellung von Schutzkonzepten: Es soll verpflichtend sein, dass alle Träger von Einrichtungen, die direkten Kontakt mit Kindern und Jugendlichen haben, Schutzkonzepte entwickeln und umsetzen. Diese Schutzkonzepte sollen Maßnahmen enthalten, um Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung vorzubeugen, zu erkennen und darauf zu reagieren. Hierzu sollten unter anderem Schulungen, Verhaltenskodizes, ein Beschwerdemechanismus sowie Kinderschutznetzwerke gehören.
2. Gewalttätige Eltern wechseln häufig den Kinderarzt, damit die Häufung von Verletzungen ihrer Kinder nicht auffällt („Doktor-hopping“). Denn Ärzten ist es ohne Erlaubnis der Sorgeberechtigten untersagt, sich für ihre Diagnose im Zweifelsfall mit den vormals behandelnden Fachkolleginnen und -kollegen auszutauschen.
Der Bund hat durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz deshalb den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, in diesem Bereich eigens gesetzgeberisch tätig zu werden. Wir fordern daher, dass alle Bundesländer von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung von ihrer Schweigepflicht entbunden werden, damit diese sich untereinander zu Verdachtsfällen austauschen können.
3. Childhood-Häuser sind kinder- bzw. jugendfreundliche, interdisziplinäre und behördenübergreifende Zentren für Kinder und Jugendliche, die Opfer und Zeugen von Gewalt wurden. Im Zuge eines Strafverfahrens können dort alle notwendigen interdisziplinären Professionen an einem Ort zusammenkommen und Kinder und Jugendliche, die körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt haben, in einem kinderfreundlichen und geschütztem Umfeld alle wichtigen Hilfen erhalten. Nach der erfolgreichen Einrichtung erster Childhood-Häuser in einigen Bundesländern fordern wir einen sukzessiven und flächendeckenden Ausbau im gesamten Bundesgebiet.
4. Wir fordern die Möglichkeiten und Grenzen, die der EuGH in seinem Urteil zur Speicherung von IP-Adressen gesetzt hat, vollständig zu nutzen und durch eine Verkehrsdatenspeicherung den Schutz von Kindern im Internet zu verbessern. Die Verkehrsdatenspeicherung ist ein wichtiges Instrument, um potenzielle Täter zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen. Indem die Internetkommunikation von Verdächtigen aufgezeichnet und mindestens drei Monate gespeichert wird, können Strafverfolgungsbehörden die Beweise sammeln, die sie benötigen, um Täter zu überführen und unsere Kinder zu schützen. Wir verstehen, dass Datenschutzbedenken bei der Verkehrsdatenspeicherung aufkommen können. Daher fordern wir eine sorgfältige Überprüfung der Richtlinien und Verfahren, um sicherzustellen, dass nur relevante Daten gespeichert und nur in Fällen von schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern verwendet werden. Wir glauben, dass wir die richtige Balance finden können, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen und gleichzeitig Kinder vor schrecklichen Verbrechen zu bewahren. Datenschutz darf kein Täterschutz sein!
5. Gemeinsamer Einsatz für die Aufarbeitung und die Anerkennung des Leids der ehemaligen Verschickungskinder in unserem Land: Von den späten 1940er- bis in die frühen 1990er-Jahre wurden Millionen Kinder in ganz Deutschland in vermeintliche Kur- und Erholungsaufenthalte verschickt. Dort erfuhren sie in einer Vielzahl von Fällen Gewalt und Missbrauch, deren Folgen bis heute traumatisieren. Wir stehen an der Seite der Betroffenen und fordern die Aufarbeitung der Verschickungsgeschichte in allen betroffenen Bundesländern. Da Verschickung über Ländergrenzen hinweg stattfand, kommt auch dem Bund explizit die Aufgabe der bundesweiten Aufarbeitung zu: Wir verlangen, dass die Bundesregierung ihrer Verantwortung an dieser Stelle gerecht wird! Es gilt, das Leid der Verschickungskinder anzuerkennen und dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte sichtbar zu machen.