Da hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sowie das Land Berlin richtig schön bei ihrem unsozialen Umgang mit den Beschäftigen im Öffentlichen Dienst ausgebremst: Die Länder wollten mit einer Neudefinition des so genannten Arbeitsvorgangs an die Eingruppierungen ran und damit auch die Gehälter vieler Beschäftigten zurückschneiden - und versuchten sogar regelrecht, die Gewerkschaften in der letzten Tarifrunde mit einer ultimativen Forderung regelrecht zu erpressen:
"Ohne Zugeständnisse beim Arbeitsvorgang keine Tarifverhandlungen", tönten die Öffentlichen Arbeitgeber vor der letzten Tarifrunde.
Gerne würden sie jede Arbeit ihrer Bediensteten auseinander klabüstern, nur um nachzuweisen, dass diese ja nur zu bestimmten Teilen ihrer Arbeitszeit höherwertige Tätigkeiten ausüben und damit auch kein höheres Gehalt verdienen würden.
Vor dem Bundesarbeitsgericht holten sich die Arbeitgeber bereits zweimal mit einem entsprechen Vorstoß eine blutige Nase. Sie legten gegen diese Entscheidungen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein und scheiterten nun auch vor dem Obersten Gericht unseres Landes.Wie der deutsche Beamtenbund (dbb) in einer Pressemitteilung auf dem presseportal.de (ots) mitteilte, hat das Bundesverfassungsgericht kurz vor Weihnachten im lange schwelenden Streit zum Thema "Arbeitsvorgang" im Rahmen des Eingruppierungsrechts des öffentlichen Dienstes der Länder für mehr Klarheit gesorgt:
Eine Verfassungsbeschwerde, die die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und das Land Berlin im Februar 2021 eingelegt hatten, wurde nicht zur Entscheidung angenommen!
Die TdL und das Land Berlin wollten mit ihrer Verfassungsbeschwerde feststellen lassen, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit zwei Entscheidungen zum Thema "Arbeitsvorgang" vom 9. September 2020 (Aktenzeichen 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20) gegen Grundrechte der TdL und des Landes Berlin verstoßen habe.
Die Verfahren sollten an das BAG zurückverwiesen werden.
Dies hat das Bundesverfassungsgericht nun abgelehnt. Die beiden genannten Entscheidungen des BAG sind daher nach wie vor rechtskräftig und umzusetzen.
Das Bundesverfassungsgericht bewertete die Verfassungsbeschwerde als insgesamt unzulässig.
Die TdL sei nicht beschwerdebefugt, da sie nicht Partei des ursprünglichen fachgerichtlichen Verfahrens war. Sie hätte zunächst den Inhalt der tarifvertraglichen Regelung zur Eingruppierung fachgerichtlich klären lassen müssen. Das Land Berlin sei nicht beschwerdeberechtigt, da es sich weder auf die Tarifautonomie noch auf andere in Betracht kommende Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte berufen könne.
Begründung des Bundesverfassungsgerichtes wegweisend!
Die Verfassungsrichter begründeten dies damit, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht auf Grundrechte berufen können. Die Grundrechte dienten vielmehr dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger.
Es könne die Grundrechte in ihr Gegenteil verkehren, wenn der Grundrechtsschutz zugunsten der öffentlichen Hand letztlich gegen die Bürgerinnen und Bürger gewendet wird.
dbb Vize und Tarifvorstand Volker Geyer begrüßte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich:
"Aus Sicht des dbb sind die beiden BAG-Entscheidungen inhaltlich zutreffend und führen die bereits zuvor erfolgte Rechtsprechung zum Thema Arbeitsvorgang konsequent fort. Die sich aus den Entscheidungen ergebenden Höhergruppierungen, die bisher nicht erfolgt sind, müssen nun umgesetzt werden. Der dbb und seine betroffenen Mitgliedsgewerkschaften werden darauf dringen, dass die notwendigen Korrekturen bei der Eingruppierung in jedem Einzelfall vorgenommen werden", so Geyer. Er forderte die TdL auf, ihre tarifliche Blockadehaltung mit Hinweis auf das Thema "Arbeitsvorgang" nunmehr aufzugeben und zu einer konstruktiven Tarifpolitik zurückzukehren.
Hintergrund
Insbesondere die TdL strebt seit geraumer Zeit einen Neuzuschnitt des so genannten "Arbeitsvorgangs" an, auf dessen Grundlage die tarifliche Eingruppierung und damit die Höhe des Entgelts der Beschäftigten bestimmt werden.
Ein solcher Neuzuschnitt hätte deutliche Verschlechterungen bei der Eingruppierung zur Folge und wird vom dbb daher grundlegend abgelehnt, auch die Rechtsprechung steht dem entgegen.
So hatte das BAG in seinen von der TdL und dem Land Berlin in der Verfassungsbeschwerde angeführten Urteilen aus dem Jahr 2020 die Eingruppierung von Beschäftigten in einer Serviceeinheit bei Gerichten und Staatsanwaltschaften in die Entgeltgruppe 9 beziehungsweise 9a der Entgeltordnung zum TV-L bestätigt.
Das BAG führte aus, dass die gesamte Tätigkeit der Beschäftigten aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang bestehen könne. Für Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gericht bestehe ein tarifliches Arbeitsplatzkonzept zur ganzheitlichen Aufgabenerledigung. Die Entgeltgruppe 9 beziehungsweise 9a liege vor, wenn der Arbeitsvorgang, der die dort geforderten "schwierigen Tätigkeiten" umfasst, mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit ausmacht.
Auf den zeitlichen Anteil der "schwierigen Tätigkeiten" selbst komme es dabei nicht an, solange diese in rechtserheblichem Umfang anfalle.